Auch am Sonntag kam die Gefahr aus Italien. Über Chiavenna hockte viel feuchte Luft, die vom Südwestwind das Bergell hinauf zum Malojapass und darüber hinweg ins Pistengelände gedrückt wurde. Die Grosswetterlage sprach überhaupt nicht für die Abfahrtsrennen. SRF Meteo wagte am Samstag dennoch Hoffnung zu verbreiten. Ein riskantes Spiel: Ein einziger feuchter Luftsack am falschen Ort, und die Rennen würden vom Nebel verschluckt.
Zwei Aspekte sprachen für Optimismus:
- Weniger Feuchte aus Süden, geringeres Potential für die Bildung von Hangwolken.
- dichte Cirrenwolken, gedämpfte Thermik und weniger Quellwolken
Die Rechnung ging (fast) auf
Am Morgen des Renntages wurden die Prognosen der Meteorologen bestätigt. In grosser Höhe war der Himmel von einer dichten Wolkenschicht überzogen. Darunter war es weitgehend klar, die Piste wolkenfrei. Und trotzdem lagen im Wetterbüro die Nerven blank. Einzelne Dunstballen am Himmel und kleine Ansätze von flachen Quellwolken, sogenannte Cumulus Humilis, waren Indiz dafür, dass über dem Oberengadin Feuchtepakete unterwegs waren. Und ennet dem Maloja lauerten viele Wolken. Auch durfte nun einfach keine starke Thermik einsetzen. Blieb die Wolkenschicht in der Höhe so dicht wie vorhergesagt? Waren all unsere Überlegungen korrekt?
Während der Abfahrt der Damen schlichen sich erste kleine Nebelbänke über den oberen Pistenabschnitt. Und dann gab es den prognostischen Supergau: Die Schleierwolken wurden immer dünner! Die Sonne setzte sich durch, sie brachte Wärme, sie brachte Thermik, sie brachte weitere Wolken. Die Folge: Je näher der Männerstart heran rückte, desto zäher wurde das Nebelband. Wo blieb der Nachschub an Cirren für die Dämpfung des Sonnenlichts? War es das nun gewesen mit der Männerabfahrt?
Das OK hat mitgeholfen
Die Erlösung brachte das OK: Man werde starten. Doch es werde auf den Freefall verzichtet. Der Start wurde weiter unten angesetzt, und das Spektakel konnte beginnen.
Fazit: Der Optimismus der Meteorologen war berechtigt. Die sehr komplexen Vorgänge in der Atmosphäre wurden richtig eingeschätzt und korrekt auf die lokalen Verhältnisse am Pistenhang herunter gebrochen. Bei dieser trickreichen Wetterlage hätte es auch völlig anders kommen können. Das Wetterteam feiert nun den Sieg von Beat Feuz. Dann aber geht es wieder an die Arbeit: Die Ski-WM geht weiter – und die Südstaulage ebenfalls.