Eduard Mörike sah ein blaues Band, roch ahnungsvolle Düfte und hörte Harfenklänge. Somit war für ihn klar: Der Frühling ist da. Andere haben es schwerer, diese Jahreszeit so klar zu erkennen. Weder können sie dieses Band erspähen noch können sie die Menge an Ahnung im Duft erschnuppern. Besonders schlecht sind diesbezüglich nüchterne Wissenschaftler. Deshalb haben sie klare Definitionen entwickelt, wann der Frühling beginnt. Nur ganz so sachlich-neutral sind diese dann doch auch nicht. Ihr persönliches Interesse schimmert durch:
- Für den Astronomen beginnt der Frühling bei der Tag- und Nachtgleiche (Äquinoktium)
- Für den Meteorologen beginnt der Frühling am 1 März. Grund: Bequemlichkeit. So lässt sich z.B. die Frühlingstemperatur ganz einfach aus den Monatsmitteln von März bis Mai berechnen.
Die Natur schert sich wenig um fixe Daten
Im Alltag sind die starren Definitionen der Astronomen und Meteorologen wenig brauchbar, denn der Frühling kommt nicht immer zur selben Zeit. Die Phänologen sind deshalb flexibler. Sie beobachten die Natur und definieren ab einem gewissen Vegetationsstand den Frühlingsbeginn. Gemäss ihrer Definition beginnt der Frühling in Mitteleuropa mit der Blüte der Forsythie.
Je härter der Winter, desto bescheidener die Ansprüche
Während wir Schweizer zumindest Blüten erwarten, sind andere bescheidener. Für die Schweden beginnt der Frühling, wenn sieben Mal hintereinander die Tagestemperatur über 0 Grad liegt. Bei uns ist das selbst Mitten im Winter gang und gäbe. Noch bescheidener sind die Ostkanadier nach ihren schneereichen und bitterkalten Wintern: Sobald der Schnee an der Sonne tropft, ist Frühling. In den Parks wird an solchen Tagen geschmolzene Ahornsirup-Melasse auf Schnee geleert. Diese erstarrt und die klebrige Masse kann um einen Holzstängel gewickelt werden. Mit einem solchen Lutscher bewaffnet geniesst der Kanadier den Frühling, auch wenn er bis zu den Knien im Schnee steckt.