Es ist kaum zu glauben: Die Hälfte des meteorologischen Sommers ist bereits Geschichte, und bis jetzt kamen nur sporadisch Sommergefühle auf. Insgesamt ist es aber Jammern auf hohem Niveau. Zwar liegen die Temperaturen im Norden 0,5, im Süden 1 Grad unter der Norm der Jahre 1991 bis 2020, vergleicht man aber mit der klimatologisch relevanten Norm der Jahre 1961 bis 1990, dann war es im Norden gut ein Grad zu warm, im Süden etwa ein halbes Grad. An den meisten Orten nördlich der Alpen waren im Jahr 2020 die ersten 45 Sommertage letztmals kühler. Im Süden lagen 2016 die Temperaturen ähnlich tief wie im bisherigen Sommer, 2014 war es sogar eine Spur kühler.
Des einen Freud, des anderen Leid
Auf der Vorderseite der Tiefdruckgebiete über dem nahen Atlantik gab es trotzdem vereinzelt Hitzetage. Bis jetzt liegt aber die Jahreshöchsttemperatur bei bescheidenen 33,5 Grad, gemessen mit Föhn am 15. Juli in Chur. Sollte dieser Wert in diesem Sommer nicht mehr übertroffen werden, wäre es der bisher tiefste Höchstwert im 21. Jahrhundert. Bis jetzt stammte dieser Wert aus dem Jahr 2001 mit 34,1 Grad in Bad Ragaz. Auch 2021 war es nur unwesentlich heisser mit einem Spitzenwert von 34,3 Grad, damals mit Nordföhn bereits am 13. Juni in der Magadinoebene gemessen. Ganz anders im vergangenen Jahr: Damals wurde die Jahreshöchsttemperatur erst am 24. August in Genf mit einem Wert von 39,3 Grad registriert. Vor einem Jahr war es aber auch bereits in der ersten Sommerhälfte sehr warm. So wurden schon am 11. Juli in Chur, ebenfalls mit Föhnunterstützung, 37,6 Grad gemessen, am gleichen Tag gab es in Genf 37,4 Grad. Hitzeempfindlichen Personen wird es vermutlich recht sein, dass sich bis jetzt die Zahl der Hitzetage, also Tage mit mehr als 30 Grad, in Grenzen hielten. Am meisten Hitzetage gab es im bisherigen Sommer in Sitten mit 7 vor Chur mit 6. Zum Vergleich: Im letzten Sommer wurden in Sitten insgesamt 31 Hitzetage gezählt, in Chur 24. Noch extremer war es vor zwei Jahren auf der Alpensüdseite. In Biasca resultierten damals insgesamt 65 Hitzetage, in diesem Jahr sind es dort bis jetzt erst 6.
Auch Sommertage im Minus
Als Sommertag wird ein Tag mit einem Höchstwert von 25 Grad oder mehr definiert. Auch davon gab es in diesem Sommer nur wenige. In Locarno waren es immerhin 25, in Lugano und Sitten 22, und in St. Gallen fand mit nur gerade 7 Sommertagen der Sommer eher auf dem Kalenderblatt als in der Natur statt. In einem durchschnittlichen Sommer darf man in der Gallusstadt rund 19 Sommertage erwarten, in Lugano und Locarno rund 65.
Sommer ohne Sonne?
Schon seit Anfang Jahr zieht die Sonne im Alpenraum eine Pause ein, und dies ging in der ersten Sommerhälfte in diesem Stil weiter. In Sitten zeigte sich die Sonne bis jetzt während 307 Stunden. Für den ganzen Sommer liegt die Norm im Walliser Hauptort bei 775 Stunden. Man braucht also kein Prophet zu sein, um ein Sonnenscheindefizit für den ganzen Sommer vorauszusagen. Noch krasser fällt der Vergleich zum Sommer 2022 aus, als Sitten mit 902 Stunden Sonnenschein verwöhnt wurde. Sehr spärlich war bis jetzt der Sonnenschein auch auf dem Jungfraujoch mit 185 Stunden. Für einen ganzen Sommer wird dort mit einem Schnitt von 534 Stunden gerechnet.
Zwischen Überschwemmungen und eher trockenen Verhältnissen
Die Bilder der Unwetter im Misox, im Maggiatal, im Mendrisiotto und im Wallis waren überall zu sehen und verbreiteten Angst und Schrecken. So wurden in Coldrerio und Stabio, im Südtessin, in der ersten Sommerhälfte rund 450 Millimeter Regen gemessen. Dies entspricht innerhalb von 45 Tagen 25 bis 30 Prozent des Jahresniederschlages an diesen Stationen. Es gibt aber auch Stationen, die in der ersten Sommerhälfte knapp unterdurchschnittliche Regenmengen erhielten, so Bern und Basel und überraschenderweise auch Locarno und Sitten. Nach den ergiebigen Niederschlägen seit dem Herbst 2023 stört das kaum, und das Rhonetal und das Maggiadelta hatten überdies mit den Auswirkungen des Hochwassers zu kämpfen. In diesen Gebieten gab es von den umgebenden Bergen sehr viel Wasser.
Findet der Sommer doch noch in die Spur?
Es dürfte zwar in den kommenden Tagen warm, teilweise sogar heiss weiter gehen. Nach einem stabilen Hoch sieht es aber weiterhin nicht aus. Dies bedeutet, dass immer wieder mit Regengüssen und Gewittern gerechnet werden muss, auch Schadensereignisse werden weiterhin nicht ausgeschlossen sein.