USA: 1 Meter Schnee in 48 Stunden
Vom 10 bis zum 12. Dezember 2013 wehte ein konstanter Südwestwind über die «warmen» Seen Lake Erie und Lake Ontario. Auf der windabgewandten Seeseite im Bundesstaat New York kam es zu örtlich sehr unterschiedlichen Schneemengen. In der Umgebung der Städte Lowville und Springville gab es 70 bis 100 Zentimeter (28 bis 40 Inch) Neuschnee in 48 Stunden. In den übrigen Regionen fiel deutlich weniger Schnee aus den Wolken.
In der Gegend der Great Lakes sorgt der dort berühmt berüchtigte «Lake Effect» zwischen August und März häufig für punktuell ergiebigen Regen oder Schneefall. Im Osten und Südosten der Seen sind 2 bis 4 Meter Schnee pro Winter normal. Oftmals gelangt dabei arktische Luft vom hohen Norden Kanadas ungehindert nach Süden bis zu den Seen. Wenn die Temperatur der herannahenden Luft kühler ist als der See, kommt es am windzugewandten Ufer zur Bildung von Seerauch. In der Mitte des Sees formieren sich aus tiefen Quellwolken sogenannte «Wolkenstrassen». Am gegenüberliegenden Ufer fällt lokal kräftiger Niederschlag.
Vor einer Woche...
Erst neulich am 15. und 16. Januar zeigte sich exemplarisch, dass solche See-Effekte auch anderswo auf dem Globus eine Rolle spielen. Und diese Effekte treten nicht nur über Seen auf, sondern auch über dem Meer wie die Beispiele Japan und Italien zeigen.
Japan...
Am Sonntag 15. Januar blockierte ein stationäres Hoch über Kamtschatka ein Tief über dem Westpazifik. Dieses Tief zapfte sehr kalte, kontinentale Luft aus Sibirien an. Folglich strömten kalte und trockene Luftmassen über das «wärmere» Japanische Meer. Auf der Insel Japan angekommen, stauten sich an den Küstengebirgen die Schneewolken und es kam in der Region um Nagano zu ergiebigem Schneefall. Verantwortlich dafür war eine Überlagerung von See-Effekt und Stau-Effekt.
Italien...
Am letzten Sonntag wirbelte über Süditalien ein Tief. Vom kontinentalen Balkan stoss kalte Bora-Luft in Sturmstärke zur kroatischen Küste hinunter. Über der wärmeren Adria kam es zum «See-Effekt». Die Luft tankte viel Feuchtigkeit, sodass sich Wolken bildeten. Schliesslich stauten sich die Wolken am östlichen Apennin und erleichterten sich über Capracotta und anderen Orten von ihrer Schneefracht.
Wie genau funktionieren diese Stau- und See-Effekte?
Stau-Effekt am Berg
Ist der starke Höhenwind direkt auf ein Gebirge gerichtet, staut sich die Luft auf der windzugewandten Seite. Sind die Luftmassen auch ausreichend feucht und kalt, kommt es beim Versuch die Berge zu überströmen zu ergiebigem Schneefall. Verharrt der Höhenwind zwei Tage in seiner Position, dann ist in der Stauregion ein Meter Schnee keine Seltenheit.
See-Effekt über «warmem» See oder Meer
Über grösseren Seen und küstennahen Meeresregionen kommt es im Winterhalbjahr bei der richtigen Orientierung der Windströmung und des Gewässers zu sogenannten See-Effekten.
Dabei strömt kalte und trockene Luft mit dem Höhenwind auf das Gewässer zu. Wenn der See vor allem im Herbst und im Winter wärmer ist als die herangeführte Luft, dann tritt der See-Effekt in Erscheinung. Über der Seeoberfläche erwärmen sich die Luftmassen und saugen sich mit Wasserdampf voll. Es kommt in den untersten paar Kilometern der Atmosphäre zu einer Destabilisierung der Luft. Geringmächtige Quellwolken entstehen. Mit dem Wind gleiten die Wolken ans gegenüberliegende Ufer des Sees. Über Land bremst die raue Bodenoberfläche den Wind ab. Die Luft staut sich und Regen oder Schneefall setzt ein.
Produzieren auch die Schweizer Seen Schnee? Ja.
Neuenburgersee produziert Wolken
In der Schweiz gibt es zwar keinen klassischen See-Effekt. Die Seen sind etwas zu wenig gross, als dass die darüberströmende Luft genügend Zeit hätte Feuchtigkeit aufzunehmen. An den Schweizer Seen lassen sich jedoch Ansätze des See-Effekts beobachten, wie kürzlich am 16. Januar 2017. In der kalten Bisenströmung generierte der +4.6 Grad «warme» Neuenburgersee am frühen Morgen bei St. Blaise Seerauch. Bis zum Westende des Sees formierten sich daraus geringmächtige Wolken. Sie produzierten jedoch keinen Schneefall.
Bodensee produziert Schnee
Zu Schneefall kam es in der Nacht auf den 16. Januar am östlichen Ende des Bodensees in Bregenz. Dabei handelte es sich nicht um «Lake Effect Snow», sondern um «Lake Enhanced Snow» also vom See verstärker Schneefall. Das +4.1 Grad «warme» Bodenseewasser und der Nordwestwind vermochte die Schneeschauer einer Störung eine Zeit lang zu intensivieren. Später drehte die Windrichtung auf Nord und der Effekt verschwand vom Niederschlagsradar.
Quellen:
- www.weather.gov (Bruce Smith et al.)
- www.vorarlberg.at/seewasserstand
- www.westernpacificweather.com
- www.severe-weather.eu