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Verfärbung des Waldes Das Wetter beeinflusst Zeitpunkt und Stärke der Herbstfarben

Die Landschaft wird von Tag zu Tag farbiger. Doch warum betreiben unsere Laubbäume diesen grossen Aufwand und werfen jeden Herbst ihre Blätter ab, um sie dann im Frühling wieder neu zu bilden? Und warum leuchten sie vorher in den typischen Herbstfarben? Eine wichtige Rolle spielt dabei das Wetter.

Der Einfluss des Sommers

Mancherorts hat die Blattverfärbung dieses Jahr bereits sehr früh begonnen. Auf Anfrage meinte der Biologe Eric Wyss von PhaenoNet : «Der trockene und heisse Sommer hat den Wäldern zugesetzt. Die Trockenheit trat teilweise sogar in Kombination mit Schädlingen und Krankheiten auf. Stark gestresst wurde die Rosskastanie, die mit braunen Blättern und Blattabwurf reagierte. Oder Sommer- und Winterlinden, welche sich sehr früh gelblich färbten.»

Von grün zu gelb, orange und rot

Bevor der Baum seine Blätter abwirft, sammelt er die für ihn wertvollen Bestandteile und speichert sie für die neue Saison. Es geht dabei um Stickstoff, der im grünen Chlorophyll enthalten ist. Wird das Chlorophyll aufgespalten, kommen die anderen Farbstoffe zum Vorschein: die gelben bis orangen und roten Karotinoid sowie die gelben Xanthophylle. Auch in den Alpen leuchten die Wälder zunehmend gelb: Hier sind es übrigens keine Laubbäume, sondern Nadelbäume – Lärchen.

Die intensive rote bis violette Farbe

Vielleicht ist Ihnen der Indian Summer ein Begriff? Es gibt auch Farbstoffe, die im Herbst erst gebildet werden: die roten bis violetten Anthocyane. Sie sind ein zusätzlicher Schutz vor UV-Strahlung bei sehr sonnigem Wetter während der Abbauphase in den Blättern. In Nordamerika können viele Bäume in intensivem rot beobachtet werden. Bei uns werden Anthocyane zum Beispiel vom Amberbaum produziert, der oft in Städten angepflanzt wird. Hochdruckwetter mit kühlen aber frostfreien Nächten führt zu einer noch intensiveren Rotfärbung.

Sonnenstand und Temperatur takten die innere Uhr der Bäume

Warum verfolgen gewisse Bäume die aufwändige Strategie, sich Jahr für Jahr vom ganzen Laub zu trennen? Der Grund ist wieder beim Wetter zu finden: Es ist ein Schutz vor Trockenheit, weil ein Baum über die Blätter sehr viel Wasser verdunstet. Trotz oft nass-kalter Witterung, im Winterhalbjahr fällt in der Schweiz weniger Regen als im Sommer, in gewissen Monaten fast nur noch die Hälfte. Zudem wird ein Teil des Niederschlages als Schnee und Eis gebunden. Zudem kann die Pflanze so auch auf die Produktion von Frostschutzmittel in den Blättern verzichten und bekommt im Frühling wieder neue, unbeschädigte Blätter. Grundsätzlich wird der Jahreszyklus eines Baums von der Tageslänge gesteuert. Die feine Anpassung findet dann über die Temperatur statt: Milde Witterung kann die Vegetationszeit verlängern, ein Kälteeinbruch zu einer früheren Verfärbung führen.

Niederschlag pro Monat im Mittelland. Im Sommer deutlich mehr als im Winter.
Legende: SRFMeteo

Und der Klimawandel?

Eric Wyss ergänzt, dass der Klimawandel die Vegetationszeit unserer Pflanzen bereits verändert hat. In wissenschaftlichen Artikeln wird von einer Verlängerung der Vegetationsperiode von 3 bis 4 Wochen gesprochen.

SRF 1, Meteo, 6.10.2022, 19:55 Uhr

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