100 Kilometer rennen an einem Stück. Und das durch die Nacht, bei Wind und Wetter. Das ist der Bieler 100-Kilometer-Lauf. Er findet dieses Wochenende zum 61. Mal statt. Matthias Klotz hat die 100 Kilometer von Biel schon über zehn Mal unter die Füsse genommen und ist auch dieses Jahr wieder am Start.
SRF: Beginnen wir mit Kilometer 0. Es ist 22 Uhr, man steht am Start und weiss, dass man in den nächsten Stunden 100 Kilometer zurücklegen muss. Was geht Ihnen durch den Kopf?
Matthias Klotz: Das ist eine Waschmaschine von Gefühlen. Es gibt viele Leute, die einem noch etwas Gutes tun wollen. Aber das können sie gar nicht, denn im Grund genommen ist man alleine.
Es gibt viele Leute, die einem noch etwas Gutes tun wollen.
Und das ist auch gut so. Ich bin mir bewusst, dass ich die Strecke nicht kontrollieren kann. Deshalb bin ich eigentlich gelassen. Aber es ist auf jeden Fall ein starker Moment, denn ich habe viel dafür gearbeitet.
Bei Kilometer 45 haben Sie bereits einen Marathon in den Beinen, aber noch nicht einmal die Hälfte der Strecke hinter sich. Wie fühlt sich das an?
Es kommt häufig vor, dass es einem zwischen Kilometer 30 und 50 schlecht geht. Häufig fühlt man sich etwas verloren. Gleichzeitig ist diese Phase des Laufs von der Strecke her sehr eindrücklich, denn es ist voll Nacht.
Bei Kilometer 99 wissen Sie, es fehlen nur noch 1000 Meter. Die grosse Euphorie?
Angst! Ich gebe es offen zu. Insbesondere wenn ich gut unterwegs bin, frage ich meinen Betreuer dauernd, ob mich noch jemand von hinten überholt.
Das, was ich erschaffen habe, könnte mir noch jemand wegnehmen.
Das, was ich in den letzten Stunden erschaffen habe, könnte mir noch jemand wegnehmen. Deshalb ist es für mich noch nicht die Erlösung, sondern ich fühle eine enorme Spannung.
Demnach kommt die Entspannung erst bei Kilometer 100, im Ziel?
Wenn ich den Zielbogen und die Leute sehe, dann fühle ich mich schon langsam entspannt. Die Ziellinie zu überqueren ist eines der grössten Gefühle, gerade auch wenn Zeit und Rang stimmen. Das gilt für den Sport. Aber es gibt andere Dinge im Leben, die dieses Gefühl bei weitem übertreffen.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.