Derzeit ist der Mattelift nicht bedient, es darf auch nur maximal eine Person auf einmal den Lift benutzen. Normalerweise befördert jedoch ein «Liftboy» die Leute vom Mattequartier hinauf in die Berner Altstadt – seit nun 125 Jahren. Auch das Jubiläum kann aufgrund des Coronavirus nicht zelebriert werden. Ein «Liftboy» gibt jedoch Einblicke in die vielen Liftfahrten, die er bereits gemacht hat. In den 30 Sekunden kann dabei so einiges passieren.
SRF News: Einen bedienten Lift kennen viele nur von den Ferien – aus Dubai oder New York zum Beispiel. Wieso hat der Mattelift, das Senkeltram einen «Liftboy» wie Sie?
Roland Kulli: Weil man einkassieren muss. Wir verkaufen Tickets, kontrollieren die Abonnemente, knipsen Monatskarten ab und dann drücken wir auf den Knopf, um hinauf zu fahren. Für mich gehört auch ein «Guten Tag» und ein «Ufwiderluege» dazu, denn wir erbringen eine Dienstleistung – die Leute im Lift sind Kunden. Ich möchte, dass am Schluss jeder mit einem Grinsen hinausgeht und denkt: «Läck, hat das Spass gemacht.»
Sie beschreiben die kurze Fahrtzeit als einen besonderen Moment. Ist es Ihnen ein Anliegen, den Kontakt zu den Fahrgästen aufzubauen?
Als ich den Job angefangen, habe dachte ich erst, ich müsse für Unterhaltung sorgen. Mit der Zeit spürt man aber die Leute besser und merkt, wer reden will und wer lieber nicht.
Wie führt man ein 30-Sekunden-Gespräch?
Bei mir kommt dies meistens aus dem Bauch heraus (lacht). Oft sind es Tagesaktualitäten. Nach einem YB-Spiel kann nur ein Stichwort nennen und merkt, ob die Leute darüber reden möchten. Es ist so, man hat nicht lange Zeit, aber das ist das Faszinierende. Die Leute zu spüren, was kann man mit ihnen reden.
Ich versuche einfach, eine gute Stimmung zu verbreiten. Das haben die Leute verdient.
Bei den Leuten, die jeden Tag fahren, spricht man auch über Persönliches – vor allem, wenn sie alleine im Lift ist. Wenn ein Gast nach einem Armbruch keinen Gips mehr trägt, frage ich, wie es geht. Das macht ihnen Freude. Ich gebe auch einiges von mir preis. Ich versuche einfach, eine gute Stimmung zu verbreiten. Das haben die Leute verdient.
Wie würden Sie die Leute aus dem Mattequartier beschreiben?
Es ist immer noch ein groviges Quartier. Es hat eine Durchmischung gegeben, weil viele junge Familien hingezogen sind. Trotzdem hat es viele Originale, die wohl seit 60 Jahren in der Matte wohnen. Sie haben das Gefühl, der Mattelift gehöre ihnen – und der «Liftboy» ist das lebendige Inventar, das auch ihnen gehört. Die sind zum Teil auch heikel und wollen kaum Platz machen, wenn Fremde in den Lift einsteigen wollen. Knorrig, aber herzensgut.
Das Gespräch führte Michael Sahli.