Martin von Flüe wandelt auf geschichtsträchtigem Boden. Der Bauer und vierfache Vater bewirtschaftet einen Hof oberhalb des Flüeli-Ranft. Vier Hektaren sind gepachtet, die einst Niklaus von Flüe gehörten. «Es ist das beste Land, das ich habe», erklärt der 54-Jährige. «Wir sind stolz, von Bruder Klaus abzustammen.» Mit dem Mystiker und Eremiten aus dem Mittelalter verbinden ihn neben der Verwandtschaft das tägliche Gebet, der Glauben und die Landwirtschaft.
Ehefrau und zehn Kinder verlassen
Nicht vorstellen kann sich Martin von Flüe jedoch, so radikal wie sein berühmter Vorfahre zu handeln. Niklaus von Flüe, der weit über die Landesgrenzen hinaus populär wurde, hatte sich im Alter von 50 Jahren von Ehefrau und zehn Kindern getrennt, um als Asket und Eremit zu leben. «Dies brächte ich nicht über mich. Die Familie bedeutet mir ein und alles». Ähnlich tönt es am Mittagstisch der von Flües: Gattin Priska, Tochter Carmela und die Söhne Joël, Iwan und Jonas sagen einhellig, dass ihnen ein solcher Schritt zu weit ginge.
Populärer Wallfahrtsort
Dennoch verehren sie ihren Urahnen als grosses Vorbild. Bruder Klaus sei ein Friedensstifter, der viel für sein Land getan habe. Sein Wirken bleibe auch für uns aktuell und beispielhaft. Niklaus von Flüe wurde als Brückenbauer gefeiert, als er 1481 half, die alte Eidgenossenschaft vor dem Zerfall zu retten. Schon zu seinen Lebzeiten verehrten ihn die Menschen als Wundertäter und suchten seinen Rat. Das Flüeli-Ranft ist bis heute eine beliebte Wallfahrtsstätte. Für Carmela von Flüe, die 20jährige Detailfachangestellte, ist das Tobel mit der Zelle und den beiden Kapellen ein Kraftort. «Ich verweile gern hier. Wenn ich den Bach rauschen und die Vögel zwitschern höre, komme ich ganz zur Ruhe und werde gelassen».