In den letzten Jahren ist im Kanton Luzern die Vergangenheit der Heim- und Verdingkinder im 19. und 20. Jahrhundert aufgearbeitet worden. Dabei nimmt Rathhausen einen wichtigen Platz ein – als grösstes Kinderheim im Kanton mit seiner rund 100-jährigen Geschichte, die auch Schatten warf.
Rathausen ist in den letzten Jahren neben anderen Heimen durch Berichte von ehemaligen Heimkindern über Gewalt und Übergriffe ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Der Kanton Luzern will diesen Erinnerungsort bewahren. Er hat deshalb die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL als heutige Eigentümerin und Betreiberin der Klosteranlage darin unterstützt, die Vorkommnisse in luzernischen Kinder- und Jugendheimen wachzuhalten.
Erlebnisse und Geschichten vermitteln
Entstanden ist ein Rundgang mit 30 Stationen an historischen Orten auf dem Areal Rathausen und im ehemaligen Kloster. Ab kommendem Samstag werden dem Publikum Einblicke gegeben, wie vielfältig die Anlage Rathausen im Lauf der Jahrhunderte genutzt worden ist. Dort lebten zunächst Klosterfrauen, danach angehende Lehrer, Soldaten der Bourbaki-Armee, Pockenkranke, Heimkinder und heute Menschen mit schweren Behinderungen.
Der Rundgang verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und er regt an über die heutige Soziale Arbeit nachzudenken. Besucher begegnen auf ihrem Rundgang den heutigen Bewohnerinnen und Bewohnern von Rathausen, die in eines der Ateliers im Klostergebäude gehen, im Café einkehren oder einen Spaziergang übers Areal machen.
Den Rundgang entwickelt hat die Pädagogische Hochschule Luzern. «Uns war es wichtig, dass wir die Leute mit diesem Rundgang zu den Orten bringen, wo die Geschichte heute noch lebt», sagte Projektleiterin Sabine Jenzer im Gespräch. Sie wurde dabei von ehemaligen Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie weiteren Betroffenen unterstützt. Auch das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern sowie verschiedene kirchliche Kreise und die Schwestern des Klosters Ingenbohl halfen mit.
Regionaljournal Zentralschweiz, 17:30 Uhr