Der Regierungsrat schlägt in der am Freitag dem Grossen Rat zugestellten Botschaft ein dreistufiges Verfahren vor. In einem ersten Schritt sollen die Gemeinden die Gewährung materieller Hilfe mit Auflagen und Weisungen verbinden. Werden diese nicht befolgt, so soll in einem zweiten Schritt eine Kürzung der Sozialhilfe möglich sein.
Letztlich soll in bestimmten Fällen bei weiter andauernder Pflichtverletzung die Leistungskürzung unter die Existenzsicherung sowie die gänzliche Leistungseinstellung möglich sein.
Mit diesem Konzept setzt der Regierungsrat eine vom Grossen Rat im August 2013 überwiesene CVP-Motion um. Das Parlament forderte unter dem Eindruck eines renitenten Sozialhilfebezügers in Berikon, dass die Gemeinden klare Regeln erhalten.
An der Praxis im Alltag wird sich kaum viel ändern. Sowohl die Kürzung der materiellen Hilfe als auch die Leistungseinstellung sind bereits unter geltendem Recht möglich. Die neue Bestimmung im Sozialhilfe- und Präventionsgesetz soll vor allem mehr Klarheit und den Gemeinden mehr Rechtssicherheit bringen.
Sozialhilfebezüger in der Pflicht
Damit die soziale Hilfe gekürzt werden kann, müssen die Betroffenen «in schwerwiegender Weise den Auflagen und Weisungen zuwiderhandeln», heisst es: «Die unterstützte Person muss durch die Zuwiderhandlung von Auflagen und Weisungen eine Notlage bewusst und willentlich herbeiführen oder aufrecht erhalten und dabei gleichzeitig beabsichtigen, in den Genuss von materieller Hilfe zu gelangen.»
Der Entwurf sieht auch vor, dass sich die Sozialhilfebezüger unter anderem darum bemühen, eine zumutbare Arbeit zu finden oder eine zugewiesene Arbeit annehmen. Sie sollen an Bildung- und Beschäftigungsprogrammen teilnehmen sowie vollständige und wahrheitsgemässe Auskünfte geben. Zudem sollen sie auch ihr Vermögen verwerten müssen.
Gemeinden können Infos austauschen
Die Gemeinden sollen künftig auch mehr Informationen über Sozialhilfebezüger erhalten, die den Wohnort wechseln. Den Gemeinden wird gemäss Vorschlag des Regierungsrats erlaubt, vollstreckbare Auflagen und Weisungen sowie Kürzungen und Einstellungen der materiellen Hilfe der vorgängig zuständigen Gemeinde zu bestätigen und damit zu übernehmen.
Der Austausch von Daten unter den Gemeinden wird zudem vereinfacht und nicht mehr von bestimmten Anforderungen abhängig gemacht. Der Grosse Rat überwies im vergangenen August eine entsprechende FDP-Motion.
Pflicht zur Rückerstattung
Der Regierungsrat will mit der Teilrevision des Gesetzes auch die Rückerstattungspflicht von Sozialhilfeleistungen auf Drittpersonen ausdehnen. Bezogene Sozialhilfeleistungen müssen im Aargau grundsätzlich zurückbezahlt werden.
Neu sollen auch Drittpersonen in die Pflicht genommen werden, wenn sie Geld aus Leistungen der zweiten Säule (Pensionskasse) und der dritten Säule (freie Selbstvorsorge) des verstorbenen Sozialhilfebezügers erhalten. Im geltenden Recht beschränkt sich diese Rückerstattung auf die Erben im Umfang der erhaltenen Erbschaft.