Die Aargauer Regierung steht unter grossem Spardruck. Nun hat sie zwei Ideen auf das Parkett gebracht, die unter anderem beim Aargauischen Anwaltsverband nicht so gut ankommen: Die Anwaltstarife sollen gesenkt und die Verfahrensgebühren an den Gerichten erhöhen werden.
Damit beschneidet der Kanton womöglich für viele Aargauerinnen und Aargauer die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen. Beispielsweise weil manche Gebühren massiv erhöht werden sollen. Das bestätigt die Verbandspräsidentin Brigitte Bitterli auf Anfrage des Regionaljournals Aargau Solothurn – und rechnet vor:
Ein Eheschutzverfahren kostet jetzt maximal 1500 Franken. Geplant ist eine Erhöhung auf 12'000.
Reiche und arme Leute seien von diesen neuen Gebühren kaum betroffen, vermutet die Verbandspräsidentin. Reiche können es sich leisten, arme Leute können auf unentgeltliche Rechtsvertretung hoffen. «Aber der Mittelstand wird davon stark betroffen sein», ist sich Bitterli sicher. Für einen Grossteil der Bürger würde ein Rechtsverfahren somit allenfalls zu einer fast nicht mehr bezahlbaren Angelegenheit.
Sie glaubt, dass sich der eine oder andere gut überlegen wird, ob er sein Recht vor dem Gericht erkämpfen will oder ob er das - aus finanziellen Gründen - lieber sein lassen will. Das könnte auch dazu führen, dass es zu weniger Prozessen vor den Bezirks- und Obergerichten kommen wird. Weniger Arbeit für die Gerichte, weil der Kanton sparen muss? Ein Vorstellung, die etwas fragwürdig wirkt.
Nicht mit dem Anwaltsverband gesprochen
Die Präsidentin des Aargauischen Anwaltsverbandes ist noch aus einem anderen Grund enttäuscht von der Aargauer Regierung: Diese habe die jüngsten Sparvorschläge im Bereich Justiz nicht mit dem Anwaltsverband besprochen, das sei sehr schade. Man hätte andere Vorschläge gehabt, die den Zugang zum Gericht nicht erschweren würden, erklärt Bitterli.
Dass diese beiden Sparvorschläge etwas unausgegoren sind, das sagt auch Franz Hollinger. Der Anwalt sitzt für die CVP im Aargauer Grossen Rat und fragt sich, ob mit diesen Ideen Leute vor Gericht noch wirksam verteidigt werden können, denn: «Dieses Prinzip steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Ziel des Sparens.»
Holling ist auch Präsident der Aargauer Justizkommission, will sich aber genau deshalb nicht als deren Präsident äussern, sondern nur als Anwalt.
Das Sparziel ist zu stark in den Vordergrund gerückt und andere Aspekte sind unter die Räder geraten.
Auch Franz Hollinger spricht von bedeutenden Erhöhungen der Gebühren. Als Anwalt müssten sich er und sein Mandant im jeweiligen Fall dann gut überlegen, ob man bereit sei, ein «massiv erhöhtes finanzielles Risiko» künftig noch einzugehen.