Bei der ersten Lesung Ende August hatten sich FDP und SVP bei der Frage, ob sich Gemeinden finanziell beteiligen sollen mit einer Kann-Formulierung durchgesetzt. Mit 67 zu 63 Stimmen wurde damals beschlossen, dass sich die Gemeinden an den Kosten für die familienexterne Kinderbetreuung beteiligen können, sofern sie das wollen. Die Regierung will nun aber immer noch, dass sich die Gemeinden beteiligen müssen.
Wenn sich die Gemeinden nur freiwillig an den Betreuungskosten beteiligten, könne eine positive Wirkung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht oder kaum noch erreicht werden, meint die Regierung in ihrer am Freitag veröffentlichten Botschaft.
Die vom Grossen Rat abgeschwächte Version bringe kaum etwas, erläutert Balz Bruder, Sprecher des Sozialdepartementes. Das eigentlich Ziel des Gesetzes, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, könne nur mit dem Regierungsvorschlag gewährleistet werden: «Es geht darum das Richtige auch richtig zu machen.»
So wie der Aargauer Grosse Rat das Gesetz in erster Lesung durchberaten habe, würde dem Fachkräftemangel nicht entgegenwirkt, meint die Regierung. Ein solches Gesetz würde zu einer Standortverschlechterung des Kantons Aargau führen und keine Integrationswirkung entfalten.
Mehrere Anläufe
Bei dem vom Grossen Rat im August in erster Lesung mit 71 zu 50 Stimmen verabschiedeten Rahmengesetz hatte es sich um den zweiten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Kinder und Eltern» des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (alv) gehandelt.
Der Grosse Rat hatte im November 2014 den ersten Gegenvorschlag zu dieser alv-Initiative mit 66 zu 59 Stimmen an den Regierungsrat zurückgewiesen. Den Ausschlag gab damals eine unheilige Allianz von SVP und SP. Die SP verwarf den Gegenvorschlag, weil sie die alv-Initiative unterstützt. Die SVP war grundsätzlich gegen ein Gesetz.
Schon der erste Gegenvorschlag war eine Fortsetzung einer früheren Vorlage gewesen. Es handelte sich um eine Reaktion auf die 2012 im Grossen Rat gescheiterte Teilrevision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes, in der die Kinderbetreuung ebenfalls hätte geregelt werden sollen.
Abstimmungspaket am 5. Juni 2016
Bei den Diskussionen um die Regelung der familienexternen Kinderbetreuung steht im Kanton Aargau auch noch die CVP-Volksinitiative für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Raum. Die Sammelfrist dafür läuft bis zum 10. April 2016. Das Begehren entspricht weitestgehend dem Text des ersten Gegenvorschlags des Regierungsrats zur alv-Initiative.
Sofern die CVP die Unterschriftenlisten bis Ende 2015 bei der Staatskanzlei einreicht, möchte die Aargauer Regierung, dass am 5. Juni 2016 gleichzeitig über die alv-Initiative, das Kinderkrippengesetz der Regierung als direkter Gegenvorschlag dazu und über die CVP-Initiative abgestimmt wird.
Kommt die CVP-Initiative bis zu diesem Zeitpunkt nicht zustande, soll das gesamte Paket den Stimmberechtigten zu einem späteren Zeitpunkt unterbreitet werden. Dies erfordert allerdings die Zustimmung des alv.