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Ferienheim der Stadt Grenchen in Prägelz
Legende: Im Sommer 2014 bleibt das Grenchner Ferienheim in Prägelz zum ersten Mal leer: Die Sommerkolonie ist abgesagt. zvg

Aargau Solothurn Abgesagt: Keine Sommerkolonie im Grenchner Ferienheim

Seit über 100 Jahren schickt die Stadt Grenchen ihre Kinder in das Ferienheim in Prägelz. Im 101. Jahr des Ferienheims gibt es nun zum ersten Mal keine sogenannte «Sommerkolonie», kein Ferienlager im Sommer. Es hat zu wenig Anmeldungen gegeben, die Schule hat das Lager abgesagt. Ein Trend?

Nur neun Anmeldungen für das Sommerlager im Juli im Grenchner Ferienheim: Das sind zu wenig. Die Schulverwaltung hat deshalb die Lagerwoche abgesagt, wie sie am Mittwoch mitteilte. Sind Sommerlager wie dieses also ein Auslaufmodell?

Eine Untersuchung des Bundes bestätigt diese These auf den ersten Blick. Die Studie des Bundesamts für Sport (Baspo) aus dem Jahr 2013 zeigt, dass die Zahl der Jugend- und Sportlager zwischen 2004 und 2011 tatsächlich um rund 15 Prozent abgenommen hat. In einem ähnlichem Umfang schwand auch die Teilnehmerzahl.

Ferienheim Prägelz

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Das Ferienheim der Stadt Grenchen in Prêles (Prägelz) gibt es seit 1913. In den letzten 100 Jahren haben über 50'000 Kinder aus Grenchen dieses Ferienheim besucht. Das Heim bietet Platz für 40 bis 45 Kinder. Es kann über die Schulverwaltung Grenchen auch von externen Kunden gemietet werden.

Mehr Konkurrenz, mehr ausländische Kinder

Die Gründe dafür sind laut Baspo vielfältig: Die Konkurrenz an Angeboten sei zu gross. Viele Familien buchen im Sommer selber Ferien. Dazu kommen unzählige Angebote von Vereinen und privaten Firmen: Vom Tennislager über das Fussballlager bis zum Reit-Camp. Ein weiterer Grund: Immer mehr Schülerinnen und Schüler haben Migrationshintergrund. Im Winter besuchen diese häufig keine Skilager, weil ihnen der Bezug zum Wintersport fehlt. Im Sommer verreisen sie mit ihren Eltern in die Ursprungsländer zurück.

Diesen Effekt spürt man auch in Grenchen, bestätigt die Leiterin der Schulverwaltung, Maya Karlen. «Wir glauben, dass die Kinder mit Migrationshintergrund im Sommer einfach fehlen», erklärt sie gegenüber SRF. Ein weiterer Grund seien die vielen Familien, die selber Ferien buchten.

Nur «Sommerloch» in Grenchen

Allerdings: Maya Karlen betont, dass die Ferienkolonien in Grenchen ansonsten sehr gut besucht seien. «Im Frühling und im Herbst haben wir meistens mehr Anmeldungen als Lagerplätze. Und dann hat es auch viele Kinder mit Migrationshintergrund mit dabei.» In Grenchen kann man also von einem «Sommerloch» sprechen.

Die «Ferienkolonie à la Grenchen» sei generell überhaupt kein Auslaufmodell, betont Maya Karlen. «Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen nach den Lagerwochen». Das Angebot sei attraktiv: Spielen, Basteln, Schwimmen, Wandern. Die Schülerinnen und Schüler erleben im Ferienheim oberhalb des Bielersees spannende Tage. Zusätzlich gilt: Die Lagerwochen im Ferienheim können günstig angeboten werden, da die Stadt das Ferienheim finanziell unterstützt.

«Dieses Angebot wird auch in Zukunft wichtig bleiben», ist Maya Karlen überzeugt. Gerade auch für Familien, die sich nicht mehrmals im Jahr selber Ferien leisten können.

Mangelware Lager-Leiter: In Grenchen kein Problem?

Übrigens: Das Bundesamt für Sport (Baspo) fokussiert in seiner Untersuchung vor allem auf Schneesportlager. Es will diese nun mit gezielten Massnahmen fördern. Ein weiterer Grund für den Rückgang an Lagerangeboten ist laut Bund darin zu sehen, dass immer weniger Lehrerinnen und Lehrer bereit seien, Verantwortung und zeitlichen Aufwand für solche Lager zu übernehmen. Es fehle also nicht nur an Teilnehmenden, sondern auch an Leiterinnen und Leiter für die Lagerangebote.

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In Grenchen kennt man auch dieses Problem nur am Rande. «Natürlich ist es nicht immer einfach, ausreichend Personal zu finden», räumt Maya Karlen ein. Aber: «Wir haben immer wieder Lehrer, die sich melden. Und auch Leute aus den Tagesstrukturen oder aus der Schulverwaltung, die bei diesen Lagern helfen.»

Kurz: Die Schullager sind vielleicht nicht mehr ganz so «in» wie vor einigen Jahren. Doch in Grenchen funktioniert das System grundsätzlich immer noch. Ausser im Sommer.

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