78 von 213 Aargauer Gemeinden erfüllen derzeit ihre Aufnahmepflicht für Asylbewerber nur teilweise oder gar nicht. Über ein Drittel der Gemeinden nehmen also zu wenige Flüchtlinge auf oder gar keine. Bisher bezahlten sie für jeden Asylbewerber, den sie gemäss Verteilschlüssel aufnehmen müssten, zehn Franken pro Tag.
Ab dem 1. Januar 2016 liegen die Kosten zehnmal höher, nämlich bei 113 Franken pro Person und Tag. So viel kostet es tatsächlich, einen Asylbewerber unterzubringen.
Der Grosse Rat hatte im vergangenen Mai diese Gesetzesänderung gutgeheissen. Der Kantonale Sozialdienst hat nun die Details geregelt. Im Interview mit Radio SRF erklärt Leiterin Cornelia Breitschmid, wie streng sie die Änderung umsetzen will.
SRF: Cornelia Breitschmid, wieviele Gemeinden bringen am 1. Januar 2016 noch zu wenige oder gar keine Asylbewerber unter?
Das einzuschätzen, ist schwierig. Wir merken aber wirklich, dass viele Gemeinden stark engagiert sind, um genügend Plätze für Asylbewerber zu schaffen bis zu diesem Zeitpunkt.
Schickt der Kanton den Gemeinden, denen das nicht gelingt, am 1. Januar eine Rechnung?
Nein, natürlich nicht am 1. Januar. Die Gemeinden haben 30 Tage Vorlaufzeit. Wenn sie dann noch immer zu wenig Asylbewerber aufnehmen, startet das verwaltungsrechtliche Verfahren.
Das heisst, wir drohen ihnen zuerst damit, dass sie die Vollkosten übernehmen müssen, falls sie weiterhin zu wenig Plätze zur Verfügung stellen. Erst wenn diese Androhung auch nichts nützt, schicken wir tatsächlich eine Rechnung. Ich hoffe, dass es gar nicht dazu kommt.
Wie streng will der Kanton das neue Gesetz umsetzen in dieser Anfangsphase?
Wenn eine Gemeinde uns klar macht, dass sie auch in Zukunft nicht im Sinn hat, mehr Asylbewerber aufzunehmen, dann werden wir konsequent sein. Dann werden wir das Gesetz umsetzen und dieser Gemeinde die Vollkosten berechnen. In anderen Fällen wollen wir mit Augenmass vorgehen.
Inwiefern?
Wenn zum Beispiel eine Gemeinde am 1. Januar 2016 noch nicht genügend Asylbewerber aufnimmt, uns aber signalisiert, dass sie Plätze in Aussicht hat ab Februar oder März, dann werden wir Geduld haben und der Gemeinde keine Rechnung schicken.
Was passiert mit Gemeinden, welche die Aufnahmepflicht erfüllen wollen, aber einfach nicht genügend Plätze finden?
Die Gemeinden dürfen sich untereinander organisieren und einander aushelfen. Wenn eine Gemeinde A keine Liegenschaft findet, um Asylbewerber unterzubringen, kann Gemeinde B einspringen und die Asylbewerber von Gemeinde A übernehmen, gegen eine Gegenleistung natürlich.
Wir hören aus dem Umfeld der Gemeinden, dass in dieser Hinsicht viele Bestrebungen laufen. Ich bin deshalb optimistisch, dass die Gemeinden Lösungen finden.
Das Gespräch führte SRF-Regionalredaktorin Wilma Hahn.