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Aargau Solothurn «Aus Platzgründen musste ich die Medaillen-Bändel abschneiden»

Am Freitag wird Heinz Frei von Swiss Paralympic geehrt, für seine jüngste WM-Goldmedaille. Es ist die 14. Wie viele Medaillen der 56-Jährige bis heute geholt hat, weiss er nicht. Eine Vitrine hat er längst nicht mehr. Ein Besuch beim wohl ältesten Paracycling-Weltmeister aller Zeiten.

Zur Person

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Legende: Keystone

Heinz Frei ist 56 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Frei wohnt in Etziken, geboren wurde er in Solothurn. Seit einem Berglauf 1978 sitzt er im Rollstuhl und begann zwei Jahre später mit dem Rollstuhlsport. Heinz Frei ist gelernter Vermessungszeichner und aktuell beim Paraplegikerzentrum Nottwil für die Nachwuchssportler zuständig.

Wer die Pokale, Medaillen und Ehrungen von Heinz Frei bestaunen will, muss in seinen Keller. Dort bewahrt der Rollstuhlsportler das auf, was er in 34 Jahren alles gewonnen hat.

Eine Vitrine, die gross genug wäre, gibt es nicht. «Aus Platzgründen musste ich gar einige Medaillen-Bändel abschneiden. Sonst hätte gar nicht alles in den Kisten Platz gehabt», erklärt er mit einem Schmunzeln.

Jede Medaille bleibt speziell

Auf der Jagd nach Rekorden sei er heute nicht mehr, erklärt der 56-Jährige. Obwohl, denjenigen des «ältesten Paracycling-Weltmeisters», diesen Rekord werde er vielleicht ungewollt noch holen.

Heinz Frei hat in Sachen Medaillen und Ehrungen alles geholt, was man holen kann. Und doch lege er keine neue Medaille einfach so zu den anderen in den Keller. «Es ist jetzt ein bisschen wie damals, als ich jung war», erklärt er im Interview. Er freue sich mittlerweile wieder über jede Medaille, als wäre es die erste. Denn in seinem Alter sei es nicht selbstverständlich, noch vorne an der Spitze mit dabei zu sein.

Noch heute trainiert Frei sieben bis zehn Mal die Woche. Manche Trainingseinheiten dauern bis zu 5 Stunden, zum Beispiel wenn er 100 Kilometer am Stück abspult.

Wettkampf ist zu einem «Spiel» geworden

«Im Training bin ich oft langsamer als meine Konkurrenten», analysiert er. Aber im Ernstkampf könne er offenbar Kräfte mobilisieren, die seine Gegner nicht hätten. «Das ist wahrscheinlich eine meiner Stärken.» Druck spüre er keinen. Aber: Wer gewinnen will, der setze sich auch selber unter Druck. Das passiere heute noch, meint Frei.

Für ihn ist ein Wettkampf aber mittlerweile «mehr wie ein Spiel», erklärt er. Frei ist sich bewusst, dass dies andere Sportler brüskieren könnte. Gerade weil sie auch hart trainieren und ihn doch oft nicht besiegen können. Er wolle mit dieser Aussage niemanden verletzen, erzählt der 15-fache Olympia-Goldmedaillengewinner. «Ich habe ja auch klein angefangen. Und nach einer Zeit von vielen Siegen lief es mir plötzlich nicht mehr so», erinnert er sich.

Die Erfolge

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Heinz Frei hat an Paralympics unter anderem 15 Goldmedaillen geholt, an Weltmeisterschaften waren es 14. Zum Schweizer Sportler des Jahres wurde er zehn Mal ausgezeichnet. Frei hat aktuell zwei Weltrekorde inne, im Marathon und im Rennen über 100 Kilometer. Insgesamt hat er in seinem Leben 112 Marathonrennen gewonnen.

Gerade bei Athen 2004 habe er keine einzige Medaille heimgebracht. Das war im Alter von 46 Jahren. «Da sagte ich zu mir: Du kannst halt auch nicht ewig mithalten.» Daraufhin habe er nicht verbissen um jeden Sieg gekämpft, sondern diese Einstellung übernommen, die er heute noch hat. Und so habe er plötzlich zum Siegen zurück gefunden.

Ein Leben nach dem Sport

Wie lange Heinz Frei noch vorne an der Weltspitze mitmischt, weiss er nicht. Angst davor, plötzlich nicht mehr vorne mit dabei zu sein, das hat er nicht. Aber er hat Respekt vor diesem Moment. Sport und sich bewegen können sei für ihn zentral geworden.

Er wisse aber auch, dass es noch andere Dinge gebe, die ihn faszinieren, «einige davon kenne ich wohl noch gar nicht», sagt er. Deshalb freue er sich auch auf diese Zeit. Auf die Zeit, wo er nicht mehr in den Keller muss, um die neusten Medaillen zu verstauen.

(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)

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