Ruth Schweikert ist seit Jahren regelmässig zu Gast an den Solothurner Literaturtagen. Sie geniesse das «Klassentreffen» der Schweizer Literaturszene, gibt sie im Interview mit Radio SRF zu. «Man arbeitet zwar an unterschiedlichen Stoffen, aber jede Schriftstellerin und jeder Schriftsteller weiss, was es heisst, wenn man über längere Zeit und alleine an einem Text arbeitet. Das schafft eine Verbundenheit.»
Die Familie als zentrales Element
Die Zürcher Autorin mit Aargauer Wurzeln arbeitet selber besonders lange an ihren Romanen. In über zwanzig Jahren hat sie «nur» drei Bücher veröffentlicht. Trotzdem – oder gerade deswegen – wird sie von der Jury des Solothurner Literaturpreises nun mit 15'000 Franken geehrt. Nachdem sie 2016 bereits den Schweizer Literaturpreis erhalten hatte.
Das zentrale Thema von Ruth Schweikert ist die Familie: In ihrem jüngsten Roman «Wie wir älter werden» (erschienen bei Fischer in Frankfurt am Main) schildert sie auf knapp 300 Seiten minutiös die Geschichte zweier Familien über drei bis vier Generationen hinweg.
«Hartnäckig und literarisch brillant umkreist sie in ihren Texten die Familie als Keimzelle der Gesellschaft und als Quelle von Glück und Verhängnis», schreibt die Jury des Literaturpreises. Dabei verknüpft Ruth Schweikert geschickt die fiktionale Familiengeschichte mit realen historischen Ereignissen. «Der grösste Teil meiner Bücher sind Recherche», sagt Schweikert.
Aarau wird Saanau, Solothurn wird Paris
Allerdings schimmern auch autobiografische Elemente durch. «Ich schreibe nur über Themen, die mich auch etwas angehen», sagt Schweikert. Den erfundenen Ort «Saanau» in ihrem jüngsten Buch habe sie absichtlich «fiktionalisiert», gibt die Autorin zu. «Ja, man kann das – wenn man will – 1 zu 1 setzen mit Aarau». Sie wolle aber Abstand halten zu allenfalls realen, noch lebenden Personen.
Ganz real ist die Beziehung von Ruth Schweikert zu Solothurn. Die Stadt sei für sie zu einem «Symbol dafür geworden, dass die Schweizer Literatur einen Ort hat.» Während der Literaturtage erlebe sie ein sehr «lebendiges Solothurn». Sie kenne und schätze die Stadt aber auch als Heimat von Franco Supino oder Peter Bichsel.
Ruth Schweikert hat viele Jahre in Aarau gelebt, heute ist sie in Zürich zuhause. Alle paar Monate verbringt sie auch ein paar Tage in Paris, wo ihr Ehemann Eric Bergkraut einen Teil seiner Kindheit verbracht hat. Der Filmemacher schuf mit der Dokumentation «Zimmer 202 – Peter Bichsel in Paris» ein eindringliches Portrait des Solothurner Schriftstellers.
Für die Autorin Ruth Schweikert liegen Solothurn und Paris seither sehr nahe beinander, wie sie lachend erzählt. «Unser jüngster Sohn wollte damals Solothurn und den Eiffelturm verbinden und schuf das Wort 'Solothurm'».