Ein Joghurt für 40 Rappen. Ein Liter Milch für weniger als einen Franken – die Preise im Caritas-Markt an der Rütistrasse 1A in Baden sind günstig. Aber eben nicht unschlagbar günstig.
Geschlagen oder gar unterboten würden die Preise von den Discountern. Das schreibt Kurt Brand von der Caritas Aargau in einem E-Mail an Radio SRF: «Die Ernährung spielt auch im Budget von Armutsbetroffenen eine nicht mehr so grosse Rolle. Es gibt immer mehr Discounter, die Lebensmittel sehr günstig anbieten.»
Die Konkurrenz der Discounter hat dem Caritas-Markt zugesetzt. Vor fünf Jahren wurde der Laden eröffnet. Kostendeckend war er aber nicht, das Ziel von 500'000 Franken Umsatz konnte nie erreicht werden.
Immer in den roten Zahlen
Die ersten drei Jahre wurde der Caritas-Markt vom Verein Lernwerk geführt. Weil die geplanten Umsätze nicht erreicht wurden und der Verein nicht mehr bereit war, einen Teil des Defizits zu übernehmen, stieg das Lernwerk Ende 2014 aus dem Projekt aus.
Die Caritas beschloss, den Markt trotzdem noch weiterzuführen. Aber letztlich stimmten die Zahlen nicht. Den Ausschlag zur Schliessung habe letztlich der starke Franken bzw. der Einkaufstourismus gegeben. «Alle Caritas-Märkte im grenznahen Raum zu Deutschland spüren erhebliche Umsatzeinbussen. In Deutschland sind Lebensmittel deutlich günstiger als in der Schweiz», schreibt die Caritas auf Anfrage von Radio SRF.
Dass der Caritas-Markt in Baden Ende Juni schliesst, hat also mit der harten Konkurrenz im Lebensmittelhandel zu tun und nicht mit einer Abnahme der Armut. Diese ist in den letzten Jahren im Aargau stabil geblieben oder tendenziell sogar eher gestiegen.
Liliane Studer, Grossrätin (EVP) und Mitglied der grossrätlichen Sozialkommission, geht davon aus, dass im Aargau zirka 12 Prozent der Bevölkerung mit einem Einkommen von 2500 Franken auskommen müssen und 8 Prozent sogar nur 2100 Franken Einkommen haben pro Monat. Das Existenzminimum ist auf 2500 Franken angesetzt.
«Tischlein deck dich» wird überrannt
Ebenfalls keine abnehmende Tendenz bei der Armut sieht Jürg Hermann. Er arbeitet als Sozialdiakon bei der Reformierten Kirchgemeinde Baden. Dort betreut er das Projekt «Tischlein deck dich». Jeweils am Mittwochnachmittag dürfen dort arme Menschen praktisch gratis Lebensmittel beziehen. Pro Nachmittag werden rund 200 Portionen verteilt.
Berechtigt ist nur, wer von der Kirche als Bedürftig anerkannt ist, also eine spezielle Bezugskarte erhalten hat. Diese Karte sei begehrt, sagt Jürg Hermann: «Die Tendenz ist steigend, so stark, dass wir zurzeit einen Kartenstopp haben. Wir können gar nicht mehr Leute berücksichtigen.»