Er sei vielleicht manchmal ein wenig ungeduldig, sagt Walter Thurnherr als Erklärung, warum er gerne effiziente und kurze Sitzungen hat. In der Bundeskanzlei dauerten Sitzungen daher meistens weniger als eine Stunde lang. Sitzungen des Bundesrats mit über 130 Geschäften auf der Traktandenliste bräuchten aber manchmal mehr Zeit.
Kein Schatten-Bundesrat
Als Chef der Bundeskanzlei sei er in erster Linie verantwortlich dafür, dass die Sitzungen des Bundesrats gut vorbereitet seien. Er berate, wie man ein Geschäft am besten aufgleise und mit wem man sprechen sollte, damit die Sache von Erfolg gekrönt ist, so der 52-Jährige.
Als achter Bundesrat, wie der Bundeskanzler oft genannt wird, versteht sich Thurnherr nicht. Er greife nicht mit politischen Kommentaren in die Bundesratssitzungen ein und habe auch keine Ambitionen auf ein hohes Amt in der Politik.
Walter Thurnherr ist seit über einem Vierteljahrhundert für den Bund tätig. Er ist im Freiamt aufgewachsen und hat dort die Schulen besucht. Seine Eltern wohnen immer noch dort.
Nach einem Physik-Studium an der ETH Zürich trat er in den diplomatischen Dienst ein und war zu Beginn der 1990er-Jahre in Moskau tätig. Bis zu seiner Wahl zum Bundeskanzler war er danach unter anderem als Generalsekretär für drei Bundesämter tätig.
Keine Teilchenphysik in der Bundesratssitzung
Bundeskanzler zu werden, das habe er nicht geplant. Seine Karriere sei ähnlich wie die vieler anderer Angestellter. Es sei in der heutigen Zeit nicht mehr so, dass man jahrzehntelang auf dem gleichen Posten bleibe.
Theoretische Physik und Politik, zwei Dinge, die auf den ersten Blick weit auseinander liegen. Sein Studium und das aktuelle Amt hätten auch wirklich nicht viel gemeinsam, so Bundeskanzler Thurnherr. In der Mathematik lerne man aber analytisch zu denken. Ein Umstand, der ihm in der Verwaltung und den Sitzungen des Bundesrates zugute komme.
Lobbying für den Aargau im Bundeshaus
Mit seiner Familie wohnt Walter Thurnherr im Berner Oberland. Zu Wohlen und dem Freiamt habe er aber nach wie vor einen engen Bezug. Er verfolge auch das Geschehen in der Region – etwa die Ereignisse rund um den Wohler Gemeindeammann. Dass es dieses Thema bis in die nationalen Medien geschafft hat, das habe ihn aber doch erstaunt.
Normalerweise werde der Aargau in Bundesbern nämlich unterschätz. Viele Leute seien sich der Innovations- und Wirtschaftskraft des Aargaus nicht bewusst. Zusammen mit Parteikollegin und Bundesrätin Doris Leuthard betreibe er deshalb im Bundeshaus ab und zu Imagepflege für seine Heimat.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)