Das Thema brennt den Politikern offenbar unter den Nägeln: Fast 50 von 140 Grossräten haben sich zur Schulung des Verbandes VAKA (Stationäre Gesundheitsversorger des Kantons Aargau) angemeldet.
Geschäftsführer und Kader-Mitglieder von Krankenkassen, ein ehemaliger Vize-Direktor des Bundesamtes für Gesundheit und kantonale Experten sind als Referenten angekündigt und sollen den Miliz-Politikern etwas mehr Durchblick im Dschungel des Schweizer Gesundheitswesens ermöglichen.
Dringend notwendige Schulung...
Zuständigkeiten, Abhängigkeiten, Finanzflüsse: Das Gesundheitswesen bringt Grossräte an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. «Die Fragen sind komplex, deshalb will ich mir hier Grundlagen-Wissen aneignen», erklärt zum Beispiel der neu gewählte Lukas Pfisterer aus Aarau.
Die Schulung entspricht also einem grossen Bedürfnis der teilweise überforderten Politiker. Aber sie birgt auch Gefahren. «Der Absender der Einladung ist klar: Die Spitäler verfolgen ihre eigenen Interessen, diese Schulung ist ein Lobby-Anlass», stellt die Grüne Gertrud Häseli fest. Trotzdem ist auch sie der Einladung gefolgt. VAKA-Präsident Hans Dösseger will hingegen nichts von einer Lobby-Veranstaltung wissen.
Der Grossrat soll künftig nicht mehr über Sachen diskutieren, zu denen der Kanton gar nichts zu sagen hat.
«Mein Ziel ist es, dass die Grossräte künftig wissen, worüber sie entscheiden. So können wir vielleicht sogar die Diskussionen abkürzen, indem wir künftig nicht mehr über Sachen diskutieren, die sowieso in Bern entschieden werden und nicht in Aarau», sagt der VAKA-Präsident und SVP-Grossrat. Ein bisschen Lobby-Arbeit gibt er dann aber doch noch zu.
... und Lobby-Anlass in einem
«Natürlich wollen wir an dieser Schulung auch zeigen, dass man Spitäler nicht einfach betriebswirtschaftlich führen kann. Es gibt viel zu viele Gesetzte und Regelungen, es gibt keinen freien Markt im Gesundheitswesen.» Die VAKA betont weiter, dass die Spitäler nicht nur Kosten verursachen, sondern auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen generieren. Diese Aussagen klingen schon ziemlich nach Lobby-Arbeit.
Hans Dössegger kann der Lobby-Arbeit denn auch durchaus Positives abgewinnen, auch aus Sicht als Grossrat. «Wenn verschiedene Verbände Informationen anbieten, dann hat man als Politiker alle Argumente auf dem Tisch und kann dann mit guten Grundlagen entscheiden.» Ähnlich klingt es auch bei den anwesenden Grossräten in Aarau: Die Schulung wird als Input wahrgenommen, aber durchaus kritisch betrachtet.
Politiker pflegen eine kritische Grundhaltung
«Es gibt immer mehr als eine Wahrheit», sagt zum Beispiel Lukas Pfisterer. Und Gertrud Häseli fügt an: «Natürlich habe ich auch einige kritische Fragen an die Experten dabei.» Die Schulung der Aargauer Spitäler für Aargauer Politiker ist also tatsächlich zum Teil eine Lobby-Veranstaltung. Die Politiker wissen es aber und können deshalb wohl gut damit umgehen.
So oder so: Auch nach der Schulung in Aarau ist klar, dass die Gesundheitspolitik kein Ort der einfachen Lösungen ist. Die Politiker verfügen nun aber wenigstens über die Grundlagen, um an den komplizierten Lösungen zu arbeiten.