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Aargau Solothurn Die Stimmen zum Stellenabbau bei GE

Es ist eine gute und eine schlechte Nachricht für den Wirtschaftsstandort Aargau: General Electric baut im Aargau weniger Stellen ab als im Januar noch angekündigt. Aber es bleibt bei bis zu 900 Kündigungen. Politik und Gewerkschaften reagieren enttäuscht - und hoffnungsvoll.

Seit Jahren war der französische Industriekonzern Alstom der grösste private Arbeitgeber im Kanton Aargau: Aktuell arbeiten immer noch gut 5000 Mitarbeitende an den Standorten Baden, Birr, Turgi, Dättwil und Oberentfelden.

Im November 2015 übernahm der amerikanische Konzern General Electric die Energiesparte von Alstom. Das Gasturbinengeschäft wurde an die italienische Ansaldo verkauft. Kurz darauf kündigte GE einen Kahlschlag an: 6000 Stellen verschwinden in ganz Europa, 1300 in der Schweiz.

Know-how-Verlust für die Firma

GE-Logo beim Eingang eines Firmengebäudes
Legende: GE bekennt sich zum Standort Schweiz, will aber massiv restrukturieren. Keystone

Nun sind es also noch «900 Kündigungen bis Ende 2017», wie GE an einer Medienkonferenz am Montag erklärte . Das sind 400 weniger als anfangs Jahr angekündigt, aber immer noch viele. Fast ein Fünftel der aktuellen Belegschaft soll also ihren Job verlieren.

Personalverbände und Gewerkschaften reagieren bestürzt. Die bei den GE-Angestellten kaum vertretene Gewerkschaft Unia spricht von einem «Kahlschlag». Der amerikanische Konzern stelle erneut «kurzfristige Aktionärsprofite über die Interessen der Belegschaft».

Jede in Frage gestellte Stelle muss sorgfältig geprüft werden.
Autor: Angestellte Schweiz Personalverband

Die Zahl der Entlassungen sei «immer noch zu hoch», erklärt auch «Angestellte Schweiz» in einer Mitteilung. Der Verband glaubt an die Zukunft des Turbinengeschäfts. «Es wäre kurzsichtig, die Chancen des Standorts Schweiz durch eine aggressive Kündigungspolitik zu schwächen», sagt Christoph Burkard, der stellvertretende Geschäftsführer.

Die Gewerkschaft befürchtet einen «starken Know-how-Verlust». Dieser hat in den letzten Monaten bereits begonnen, wie SRF aus verschiedenen Quellen weiss: Viele Mitarbeitende von GE haben von sich aus gekündigt, weil sie die Unsicherheit über einen bevorstehenden Stellenabbau nicht auf sich nehmen wollten.

Das Aargauer Amt für Wirtschaft und Arbeit spricht von über 300 freiwilligen Abgängen. Diese Zahl bestätigt auch Christoph Burkard gegenüber SRF. Der Arbeitnehmervertreter ist deshalb auch nicht erstaunt, dass die Zahl der Kündigungen nun zurück geht.

Wenig Arbeitsplätze für gekündigte Mitarbeiter

Natürlich beschäftigt auch das Schicksal derjenigen Mitarbeiter, die nun ihre Stelle verlieren könnten. Ab Juli werden gemäss Personalverbänden die ersten Kündigungen ausgesprochen. Neue Stellen zu finden könnte schwierig werden: Auch die Energiebranche leidet, grosse Stromerzeuger stecken in Schwierigkeiten. Damit entfallen «klassische Anstellungsalternativen», wie der Verband «Angestellte Schweiz» betont.

Portrait Urs Hofmann
Legende: Der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann verspricht den betroffenen Angestellten Hilfe. Keystone

Unterstützung zugesichert hat der Kanton Aargau. Die Regierung will eine «umfassende Betreuung» sicherstellen für Mitarbeiter, denen gekündigt wird. GE arbeite hier mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit eng zusammen, heisst es in einer Mitteilung. Die Pesonalverbände fordern von GE eine «möglichst sozialverträgliche» Umsetzung der Restrukturierung. Und: Die Kündigungen sollen gestaffelt erfolgen.

Personalverbände und Kantonsregierung fordern GE auf, weitere Alternativen zu prüfen. Vorzeitige Pensionierungen oder interne Stellenverschiebungen. Die Zahl der angedrohten Kündigungen müsse weiter sinken.

Das ist sicher eine Herausforderung für den Stellenmarkt.
Autor: Urs Hofmann Regierungsrat Kanton Aargau

Der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor spricht von einer «Herausforderung für den Stellenmarkt in den nächsten Monaten». Allerdings hofft er, dass viele ehemalige GE-Mitarbeiter in der Region eine neue Beschäftigung finden. «Da gibt es sicher Möglichkeiten für die Leute, auch im Kanton Aargau interessante, neue Stellen zu finden.» Hofmann denkt dabei insbesondere an das Paul-Scherrer-Institut in Villigen oder das neue Hightech-Zentrum.

Bekenntnis zum Standort freut die Politik

Gleichzeitig signalisiert vor allem die Politik auch Hoffnung für GE selber: Man stehe in engem Kontakt mit dem Management, schreibt die Kantonsregierung. Und man begrüsse es, dass GE «die industriellen Aktivitäten mit einer starken Forschung und Entwicklung in Baden forführen und mittelfristig ausbauen» wolle.

Ähnlich tönt es auch aus dem Badener Stadthaus. Der Stadtrat nehme «mit Genugtuung» zur Kenntnis, dass GE in der Schweiz und in Baden bestehen bleibe. Man gehe davon aus, dass die Investitionen von GE am Standort «die Wirtschaftskraft der Region Baden für die Zukunft stärken». Stadtammann Geri Müller betont gegenüber Radio SRF vor allem die Bedeutung der Forschung und Entwicklung.

Wichtig ist, dass GE weiterhin in Forschung und Entwicklung investiert.
Autor: Geri Müller Stadtammann Baden

Aktuell überwiegen schlechte Gefühle: 900 Arbeitsplätze verschwinden im Aargau. Allerdings besteht Hoffnung: Der amerikanische Energiekonzern dürfte dem Kanton erhalten bleiben. Der Aargau bleibt damit ein wichtiger Industriestandort - und GE einer der grössten privaten Arbeitgeber im Kanton.

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