Die Ostaargauer Gemeinde Ehrendingen zählt aktuell 3152 Stimmberechtigte. Gemeindeammann Hans Hitz kann dies exakt beziffern, weil die Gemeinde für Montagabend zur Gemeindeversammlung eingeladen hatte. Traktandiert war unter anderem die überarbeitete Gemeindeordnung.
Pro-Argument: Entscheide breiter abstützen
Diese beinhaltet unter anderem eine wichtige Änderung beim fakultativen Referendum. Wer in Ehrendingen heute eine Urnenabstimmung will, der muss 630 Unterschriften sammeln. Anders ausgedrückt: 20 Prozent der Stimmberechtigten müssen unterschreiben.
Neu sollen nur noch 10 Prozent nötig sein, damit das Referendum zu Stande kommt. Die Ehrendinger Gemeindeversammlung hat dieser Anpassung der Gemeindordnung am Montagabend zugestimmt. Zu diesem Entscheid wird es auch noch eine Volksabstimmung geben. Die neue Gemeindeordnung soll 2018 in Kraft treten.
Gemeindeversammlungen können manipuliert werden.
Gemeindeammann Hans Hitz begründet die Herabsetzung der Unterschriftenzahl mit dem Zufallsmehr: «Die Gemeindeversammlung kann manipuliert werden, indem Befürworter oder Gegner eines Geschäfts mobilisieren.» Nach einem solchen Entscheid kann man ein Referendum ergreifen, damit die Gesamtbevölkerung noch über die Frage abstimmen kann. Damit dies aber auch passiert, sei es richtig, die benötigte Unterschriftenzahl herabzusetzen.
Contra-Argument: Schwächt Demokratie?
In Ehrendingen sind die Hürden für fakultative Referenden heute vergleichsweise wohl eher hoch. Eine aktuelle Statistik, wie andere Aargauer Gemeinden dies handhaben, gibt es nicht. Auf Anfrage beim Kanton heisst es jedoch, man habe den Eindruck, dass die Mehrheit der Aargauer Gemeinden die 10-Prozent-Regelung anwendeten.
Es gebe durchaus auch Argumente, welche dagegen spreche, die nötige Unterschriftenzahl für fakultative Referenden herabzusetzen. «Wir schwächen die Gemeindeversammlung, da ihre Entscheide einfacher an die Urne gebracht und allenfalls gekippt werden können», so Hans Hitz.
Das sagt der Politologe...
Was aber ist demokratischer? «Je stärker die Beteiligung ausgebaut ist, desto demokratischer ist es», sagt Daniel Kübler. Der Politikwissenschaftler am Zentrum für Demokratie Aarau unterstützt die Bestrebungen des Ehrendinger Gemeinderats. Es sei jedoch eine Illusion, wenn man glaube, dass sich dadurch viel ändere in der Gemeindepolitik.
Langfristig wird die Gemeindeversammlung damit gestärkt.
Forschungen hätten gezeigt, dass das Volk an der Urne in der Regel gleich entscheide wie die Gemeindeversammlung. Deshalb ist der Politikwissenschaftler der Ansicht, dass die Gemeindeversammlung nicht geschwächt werde. «Im Gegenteil. Langfristig wird die Gemeindeversammlung gestärkt, weil ihre Entscheide durch Volksabstimmungen breiter abgestützt werden.»
Weiter verweist Daniel Kübler auf Untersuchungen, welche aufzeigten, dass die Beteiligung an Gemeindeversammlungen konstant bleibe, auch wenn die Hürden für Referendumsabstimmungen sinken. Sein Fazit deshalb: «Die Urnen- und die Gemeindeversammlungsdemokratie sind keine Konkurrenten.»