Die Breitseiten gegen Geri Müller kamen. Aber sie kamen nicht beim Thema «Gerigate», sondern ein Traktandum vorher. Der Rat diskutierte über die Verwaltungsführung von Baden. Und hier fuhr die CVP schweres Geschütz auf gegen Geri Müller. Fraktionschef Reto Huber kritisierte, dass Müller zu oft abwesend sei , er habe die Verwaltung nicht im Griff, er könne nicht führen. Huber. «Baden stagniert nicht, es konsterniert. Viele Leute in der Verwaltung haben innerlich schon gekündigt.»
Huber kam zu diesem Fazit, weil er die Verwaltungsstrukturen in der Stadt Baden genau unter die Lupe genommen hat. Dabei stellte er fest, dass die Strukturen unübersichtlich sind. Und das führe zu Reibungsverlusten und eben Stagnation.
Geri Müller habe, so Reto Huber, diese Struktur nicht geschaffen, sondern von seinen Vorgängern übernommen. Er habe aber zu wenig Gegensteuer gegeben und keine Verbesserungen erreicht. Ein Grund dafür sei die Doppelbelastung durch das Amt des Nationalrats. Fazit von Huber: «Geri Müller ist als Geschäftsführer der Stadt Baden überfordert und inkompetent.»
Komplexe Verwaltung
Geri Müller verhehlte nicht, dass die Strukturen in der Stadt zu kompliziert seien. Die Schwachpunkte seien aber erkannt und man habe Gegenmassnahmen ergriffen. Und Müller verwies darauf, dass die Verwaltung in letzter Zeit überaus stark beansprucht gewesen sei. Viele Projekte (Schulhausplatz, Schulraumplanung, Bäder) seien fast gleichzeitig in Bewegung geraten. Das zu meistern sei nicht einfach, die Verwaltung arbeite gut.
Der massiven Kritik der CVP schloss sich auch die FDP an. Rückendeckung erhielt Geri Müller vom Team Baden, für diese Partei sitzt er auch im Stadtrat. Doch auch SP und Grüne betonten, man dürfe nicht dramatisieren. Baden sei immer noch auf Kurs.
Die Kritik der Bürgerlichen beim Thema «Verwaltungsführung» zielte ganz offensichtlich auf die Person Geri Müller. Die CVP sieht beim Stadtammann Angriffsflächen und will diese auch nutzen. Diese Angriffe sind durchaus politisch motiviert. Denn Vizeammann Markus Schneider ist von der CVP. Und er hat gute Chancen, Nachfolger von Geri Müller zu werden, wenn dieser die Wahlen 2017 nicht überstehen sollte.
Und in diesen Wahlen wird Geri Müller einen schweren Stand haben. Denn nicht das Thema «Verwaltungsführung» könnte Geri Müller das Amt kosten, sondern «Gerigate», die Affäre um Nacktbilder, die Müller von sich in seinem Büro im Rathaus gemacht hat und die er an eine Bekannte schickte. Von dort gelangten sie in die Medien.
Diese Affäre stand am Donnerstagabend ebenfalls auf der Traktandenliste des Einwohnerrates. Doch SVP, CVP und FDP sagten dazu rein gar nichts. Sie wollten offenbar nicht noch mehr Öl ins Feuer giessen. Ihr Pulver hatten sie beim Thema «Verwaltungsführung» verschossen. Und dieses hat nichts mit «Gerigate» zu tun, denn der Antrag zur Diskussion über dieses Thema war von der CVP schon gekommen, bevor die Selfie-Affäre überhaupt aufgeflogen war.
Kritik an der «Aargauer Zeitung»
So war das Feld frei für SP, Grüne und Team Baden. Der Tenor ihrer Statements: Geri Müller habe eine Dummheit gemacht, aber diese sei grundsätzlich eine private Angelegenheit. Daraus würden jetzt aber Müllers Gegner, angeführt von der «Aargauer Zeitung», eine üble Kampagne machen. Diese Kampagne schade Baden und nicht das Verhalten von Geri Müller.
Diese Einschätzung blieb vonseiten der bürgerlichen Parteien im Einwohnerrat unwidersprochen. Zu Wort meldete sich nur ein Bürger, der ehemalige Einwohner- und Stadtrat Peter Conrad (CVP). Juristisch gesehen habe Geri Müller nichts Illegales gemacht, gibt Conrad zu. Aber moralisch sei sein Verhalten verwerflich: «Jemand, der kein Respekt hat gegenüber seinem Amt, der kann nicht bleiben. Wenn er sitzen bleibt, muss man den Druck aufrecht erhalten, bis er sich entscheidet zu gehen.»
Und wie verhielt sich Geri Müller bei der Diskussion über seine Affäre? Als der Ratspräsident fragte, ob Geri Müller etwas sagen wolle, kam vom Angesprochenen nur ein trockenes «Nein». Beim Apéro im Anschluss an die Einwohnerratssitzung war Müller dann aber gesprächiger. Zu beobachten war, dass er intensiv mit Peter Conrad diskutierte.