«Liebes Fräulein Gertrud» schrieb der bekannte Schweizer Künstler Ferdinand Hodler jeweils zu Beginn in seinen vielen Briefen an die Solothurner Kunstsammlerin Gertrud Dübi-Müller. Eine enge Freundschaft verband die beiden: Sie fotografierte ihn und er portraitierte sie, nicht weniger als 17 Mal. Ihre Fotografien von Hodler sind heute wichtige Zeitdokumente insbesondere zu seinen letzten Lebensjahren.
In manchen Bildern hat er diese Frau fast idealisiert.
Ob die beiden auch eine Liebesbeziehung pflegten, ist offen. Sicher ist, dass sie sich sehr gern hatten. Das erkenne man in den Bildern, die Hodler von Dübi-Müller gemalt hat. In einigen Bildern idealisiere er die Frau beinahe ein bisschen, meint Christoph Vögele, Konservator des Solothurner Kunstmuseums.
Der Van Gogh zum Geburtstag
Die aus einer wohlhabenden Familie stammende Gertrud Dübi-Müller lernte Ferdinand Hodler und den Solothurner Künstler Cuno Amiet 1902 an der Eröffnung des Kunstmuseums Solothurn kennen. Damals war sie 14 Jahre alt. Diese Beziehungen verhalfen der Sammlerin zu weiteren Werken.
Eines ihrer ersten erstandenen Gemälde war ein Bild von Van Gogh, das sie sich zu ihrem 20. Geburtstag kaufte. Es folgten weitere Bilder von nationalen und internationalen Künstlern wie Cézanne, Klimt und Matisse.
Auch in anderen Lebensbereichen nahm Gertrud Dübi-Müller eine Vorreiterrolle ein. Sie steuerte als erste Solothurnerin ein Auto, mit 23 Jahren kaufte sie sich einen eigenen grossen Wagen. Weiter war sie auch eine begeisterte Bergsteigerin, Reiterin und Eiskunstläuferin.
Eine leidenschaftliche Sammlerin mit einem wahnsinnig guten Auge.
Nach ihrem Tod 1980 vermachte sie ihre 190 Werke umfassende Sammlung dem Kunstmuseum Solothurn. Dieses gehört dank dieser Sammlung heute zu den bedeutendsten Museen der Schweiz. Kein Wunder nennt der Konservator die grosse Spenderin eine leidenschaftliche Sammlerin und rühmt deren gutes Auge für Kunst.
Eine neue Schenkung macht's möglich
Die aktuelle Ausstellung dreht sich nun um die Sammlerin selber. Ausgestellt sind Gemälde und Skulpturen, die Cuno Amiet, Hans Berger, Ernst Morgenthaler oder Hermann Haller von ihr gemacht haben. Anhand dieser Werke wird das Leben von Gertrud Dübi-Müller und ihrer Familie gezeigt. Zu dieser gehören auch die Geschwister Emma, Margrit und Josef Müller, die ebenfalls Kunst gesammelt haben.
Die besten Bilder sind bis jetzt immer von der Sammlung Dübi-Müller gekommen.
Grund für die Ausstellung «Liebes Fräulein Gertrud» ist eine Schenkung von vierzig Studienblättern von Ferdinand Hodler aus der Sammlung von Rudolf Schindler, der 2015 verstorben ist. Die Ausstellung über die Sammlerin Gertrud Dübi-Müller, über ihre Geschwister und die Bekanntschaften zu Künstlern ist von 20. Februar bis 16. Mai 2016 im Kunstmuseum Solothurn zu sehen.