Die Ausgangslage sorgte schon vor den Einwohnerratswahlen in Windisch für Aufsehen. Die SVP stellte in der letzten Legislatur 11 von 40 Sitzen, für die aktuellen Wahlen konnte die Partei allerdings nur noch 6 Kandidaten aufstellen.
Es kam, wie es fast kommen musste: Die SVP holte mehr Sitze als sie offizielle Kandidaten zur Verfügung hatte, nämlich 9. Nun muss die SVP also drei Personen nachträglich davon überzeugen, dass sie sich im Einwohnerrat engagieren. Diese müssen sich keiner Wahl mehr stellen. Diese Situation ist zwar speziell, aber vollkommen legal. Die Windischer Gemeindeordnung regelt das Prozedere: Die SVP hat 30 Tage Zeit, um nachträglich Personal zu finden.
Kritik von der SP: «Das Vorgehen ist unfair»
Legal ja, legitim aber nicht: Der Co-Präsident der SP Bezirk Brugg stört sich am SVP-Vorgehen. Heini Kalt macht gegenüber Radio SRF klar: «Die SVP hat vor den Wahlen ihren Job nicht gemacht.» Es sei unfair, dass drei Personen ganz ohne Wahlkampf zu ihrem Sitz im Einwohnerrat kämen. Auch die SP habe Rekrutierungsprobleme, sowohl in Windisch als auch in Brugg. «Wir haben in Brugg zwei Ersatzkandidaturen, in Windisch genau eine.»
Heini Kalt kann sich deshalb vorstellen, dass man über die Grösse der Einwohnerräte diskutiert. «50 Sitze in Brugg sind aus meiner Sicht zu viel, dort würden 40 Sitze wie in Windisch ausreichen. Noch besser wäre natürlich, wenn wir in beiden Gemeinden gemeinsam nur noch 40 Sitze besetzen müssten. Dann hätten wir das Rekrutierungsproblem gelöst.» Heini Kalt wirbt also für eine Gemeindefusion.
Politologe fordert: Einwohnerrat abschaffen
Genau so radikal ist die Lösung von Politologe Andreas Ladner: «Die Frage ist, ob man ein Gemeindeparlament erhalten kann, wenn man zu wenig Kandidaten dafür findet. Viele andere Gemeinden in der Grösse von Windisch haben deshalb eine Gemeindeversammlung. Da braucht es keine Kandidaten, da kann einfach jeder kommen, der sich für die politischen Geschäfte interessiert.» Dieser Lösungsansatz auf den Punkt gebracht: Den Einwohnerrat abschaffen, weil das Personal sowieso fehlt.
Politik auf kommunaler Ebene kämpfe generell mit Personalengpässen, stellt Andreas Ladner fest. Er hält das Vorgehen der Windischer SVP nicht für besonders un-demokratisch. Ladner gibt sich pragmatisch: «Bei Gemeinderatswahlen müssen sich über 50 Prozent der Kandidaten keiner echten Konkurrenz stellen.» Stille Wahlen, kaum ernsthafte Gegenkandidaten: Demokratie auf Gemeinde-Ebene ist oft gar nicht so demokratisch.
Die SVP hat denn auch kein schlechtes Gewissen, im Gegenteil. Wahlkampfleiter Bernhard Stüssi gibt sich zuversichtlich, dass er bis Ende Woche die drei zusätzlichen Kandidaten für die offenen SVP-Sitze findet. Die Hürde sei wohl kleiner, sich für dieses Amt zur Verfügung zu stellen, wenn man den Sitz schon auf sicher habe.