2009 hat das Bundesparlament auf Druck der Fischer strengere Vorschriften zum Gewässerschutz beschlossen. Die Fischer haben im Gegenzug ihre Initiative «Lebendiges Gewässer» zurückgezogen. Nun liegt es an den Kantonen, die verschärften Vorschriften umzusetzen. Etliche Kantone tun sich aber schwer damit, insbesondere der Aargau.
In ihrem ersten Vorschlag versuchte die Aargauer Regierung, die Vorgaben des Bundes zu verwässern. Pro Natura, WWF, der Aargauische Fischereiverband und Vogelschützer klagten aber vor Verwaltungsgericht und erhielten 2012 Recht: Die Regierung habe den Gewässerschutz nicht richtig umgesetzt, urteilte das Gericht.
Bürgerliche wollen abwarten
Jetzt liegt der zweite Vorschlag der Regierung vor, wie die strengeren Regeln des Bundes umgesetzt werden könnten. Und wieder hagelt es Kritik, diesmal aber von der anderen Seite: Bürgerliche Parteien sowie der Bauernverband sind gar nicht einverstanden. Dies machen ihre Stellungnahmen zur Ende Juni ablaufenden Vernehmlassung deutlich.
Ein Dorn im Auge ist den Kritikern vor allem, dass die Regierung nicht abwartet, bis der Bund seine Regeln allenfalls noch ändert. In Bern sind Standesinitiativen mehrerer Kantone hängig, auch eine Initiative des Kantons Aargau. Bis diese behandelt sind, sei das Thema Gewässerschutz im Aargau zwingend zu sistieren, verlangt etwa die SVP und wirft der Regierung Übereifer vor.
Bauern warnen vor Kosten
Auch für die Aargauer CVP «macht deshalb eine neue Regelung auf kantonaler Ebene derzeit wenig Sinn», wie die Partei schreibt. Und ebenso der Bauernverband macht klar, er sei «nicht an einer überstürzten Lösung interessiert», der Aargau solle mit der Umsetzung zuwarten.
Der Bauernverband warnt zudem vor hohen Kosten, wenn rechts und links von Bächen und Flüssen mehr Platz frei gelassen wird. Die Bauern seien für das abzugebende Land nämlich zu kompensieren. Der Verband rechnet vor, dass im Aargau wegen breiterer Uferstreifen 490 Hektaren wertvolles Kulturland verloren gehen könnte. Dies hätte Kosten zwischen 50 und 100 Millionen Franken zur Folge.
Wie breit soll der Uferstreifen sein?
Die Aargauer Regierung hatte vorgeschlagen, bei Seen und grossen Flüssen wie Aare, Reuss und Limmat habe der Uferstreifen neu 15 Meter breit zu sein. Das wären zwar 3 Meter mehr als heute aber nur das vom Bund vorgeschriebene Minimum. Für mittelgrosse Flüsse wie Wyna, Suhre oder Bünz (2 bis 15 Meter breit) will die Regierung in einer Gewässerraumkarte jeden Flussabschnitt einzeln regeln.
Bei Bächen und kleinen Flüssen schliesslich (weniger als 2 Meter breit) soll der Abstand zwischen dem Wasser und der Bau- und Landwirtschaftszone 6 Meter betragen. Das sei im Aargau schon heute so, hatte die Regierung zu Beginn der Vernehmlassung betont.
Abstand bei Bächen ist am meisten umstritten
Insbesondere diese Regelung für Kleingewässer ist umstritten. Die CVP Aargau ist der Ansicht, «dass auf die Ausscheidung eines Gewässerraums gegenüber sehr kleinen und künstlich angelegten Gewässern verzichtet werden soll».
Gleicher Meinung ist der Bauernverband. Um zu definieren, was ein Bach überhaupt ist, sei die Landeskarte zu wählen, und nicht der Bachkataster, fordert der Verband. In der Landeskarte seien die kleinen Gewässer nur angedeutet.
Umweltschützer wollen mehr
In die ganz andere Richtung zielt die Forderung der Grünen und Grünliberalen. Die Grünen verlangen, dass bei der Definition die natürliche und nicht die bestehende Gerinnsohle eines Gewässers gilt. Damit könnten kleine und auch kanalisierte Bäche in eine höhere Kategorie eingeteilt werden, «und der notwendige Gewässerabstand würde dann mehr als 6 Meter betragen».
«Alle Abstandsvorschriften sollen zudem mit ‚mindestens‘ ergänzt werden», verlangen die Grünliberalen: «Ökologisch funktionierende Gewässer dienen letztlich der ganzen Gesellschaft und benötigen zwingend genügend Raum».
BDP ist für einmal grün
Im Grundsatz begrüssen Grüne und Grünliberale die Vorlage der Regierung. Auf ihre Seite schlägt sich auch die BDP. Diese kritisiert den «unsachlichen Rundumschlag der Gegner». Gerade wegen des Hochwasserschutzes sei es jetzt wichtig, beim Ausscheiden von Uferzonen vorwärts zu machen.
Keine Angst müssen übrigens Hausbesitzer haben, die bereits nahe am Wasser wohnen. Bestehende Häuser müssen nicht abgerissen werden, wenn sie neu in der breiteren Uferzone stehen. Auch Obstplantagen und Rebberge müssen nicht verkleinert werden. Zumindest dieser Vorschlag der Regierung ist bei den Parteien unbestritten.