Wer in Zukunft im Aargau für eine Volksinitiative auf die Strasse geht und Unterschriften sammelt, muss auch weiterhin 3000 Unterschriften zusammen bekommen. Der Grosse Rat hat eine überparteiliche Motion abgelehnt, welche diese Hürde erhöhen wollte.
Matthias Jauslin (FDP) sagte im Namen der Motionäre, das Stimmvolk habe es satt, ständig wegen Minderheiten an die Urne gerufen zu werden. Die Initiative sei zu einem Instrument des Wahlkampfes geworden. Die Zahl der Unterschriften müsse erhöht werden.
3000 statt 6000 Unterschriften
Im Aargau genügten 0,728 Prozent der Stimmen, um eine Volksabstimmung zu erzwingen. Matthias Jauslin sprach von «Mikro-Gemeinschaften». Grossräte der FDP, SVP und CVP forderten in der Motion, die Zahl von 3000 auf mindestens 6000 Unterschriften zu erhöhen.
Das Bevölkerungswachstum müsse berücksichtigt werden. Die Anzahl Unterschriften, die innerhalb eines Jahres gesammelt werden müssten, stamme aus der Zeit von 1980. Die Zahl 3000 sei nie angepasst worden, obwohl mittlerweile mehr Menschen im Aargau lebten. Die Kantonsverfassung solle entsprechend geändert werden.
«Keine Initiativen-Flut»
Irène Kälin (Grüne) hielt dagegen, es sei Sinn und Zweck einer Initiative, dass Minderheiten ein Thema vorbringen könnten. Nicht nur grosse Parteien, sondern alle sollten den Aargau mitgestalten können. Für Kleinparteien seien 3000 Unterschriften eine grosse Hürde.
Marie-Louise Nussbaumer (SP) hielt fest, es gebe keine «Initiativen-Flut» im Aargau. Man wolle den interessierten Personen keine Steine in die Wege legen. Auch die SVP-Fraktion lehne die Forderung klar ab, sagte Regina Lehmann. Das Sammeln von Unterschriften sei Knochenarbeit. Man wolle eine lebendige Demokratie. Das Stimmvolk sei mündig. GLP und EVP lehnten höhere Hürden ab. Die BDP war gespalten.
Franz Hollinger (CVP) sprach sich im Namen einer grossen Fraktionsmehrheit gegen die Motion aus. Nicht nur grosse Verbände sollten Initiativen einreichen können. Auch kleine Gruppen sollten eine Chance haben, so Hollinger.
Regierung gegen höhere Hürde
Der Regierungsrat lehnte die Forderung entschieden ab. Es gebe in keiner Art und Weise einen Missstand, sagte Landammann Urs Hofmann (SP). Es sei ein falsches Zeichen an die Bevölkerung, die Unterschriftenzahl zu erhöhen. Pro Jahr würden im Aargau rund zweieinhalb Initiativen eingereicht. Diese Zahl liege auf einem tiefen Niveau. Einen Grund zum Eingreifen sah Hofmann deshalb nicht.
«Es ist gerade Sinn und Zweck der Volksinitiative, einen Entscheidungsprozess nach den Absichten einer kleinen Zahl von Stimmberechtigten anzustossen», hielt der Regierungsrat in seiner schriftlichen Stellungnahme zur Motion fest: «Eine Minderheit soll mit einem Vorschlag an die Gesamtheit der Stimmberechtigten gelangen können, welche dann den endgültigen Entscheid fällt.»
Viele Volksinitiativen scheiterten
Trotz deutlicher Zunahme der Stimmberechtigten kam eine erhebliche Anzahl der Initiativen nicht zustande. Im Zeitraum von 1980 bis 2010 waren es 4 von 29, also 8 Prozent. In den Jahren 2011 bis 2014 waren es nur 5 von 15 – also ein Drittel.
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Dies zeige, so der Regierungsrat, dass es trotz zunehmender Vielfalt von elektronischen Kommunikationsmitteln offensichtlich nicht einfacher geworden ist, die notwendige Anzahl Unterschriften zu erreichen.
Auch im Rat kam das Anliegen der überparteilichen Motion nicht gut an und fand kaum Unterstützung. Lediglich 16 Aargauer Grossräte unterstützten diese Forderung, 109 lehnten sie ab. Damit bleibt im Aargau alles beim Alten: Auch künftig braucht es 3000 Unterschriften für eine Volksinitiative.