Die Kernkraftwerk Kaiseraugst AG hatte alle Bewilligungen in der Tasche und liess im März 1975 die Baumaschinen für den Aushub auffahren. Nach der Osterpause jedoch war das AKW-Gelände besetzt. Zuerst von Wenigen, dann von Tausenden. Und die Behörden konnten nicht reagieren. Im Kanton Aargau gab es nur gerade 280 Polizisten.
Die AKW-Gegner wollten eigentlich schneller gehen
Die Demonstranten waren überrascht von der Inaktivität der Behörden. «Wir haben gedacht, dass die Aktion nach zwei Tagen beendet ist», sagte Peter Scholer, der Anführer der Bewegung «Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst» (GAK), vor Jahren gegenüber SRF.
Dies stellte die AKW-Gegner vor neue Herausforderungen. Sie mussten sich für einen längeren Aufenthalt einrichten.
Die Aktivisten blieben und der Widerstand gegen das AKW Kaiseraugst wurde immer grösser. Im ganzen Land solidarisierten sich Menschen. Am 6. April pilgerten 15'000 Personen auf das Gelände. Fast drei Monate hielten die Aktivisten durch. Im Juni beschloss die Vollversammlung den Abbruch der Besetzung.
1989 wurde Kaiseraugst beerdigt
Zuvor hatte eine Vermittlerdelegation von SP-Nationalräten eine Zusicherung von Bundesrat Willy Ritschard erreicht: Er empfing eine Gruppe der Gegner zu Verhandlungen. Das Hauptziel der Demonstranten, den Bau zu verhindern, wurde aber erst zehn Jahre später erreicht. 1989 entschied das Parlament schliesslich das Projekt zu beenden.
Die Aktion von Kaiseraugst wirkte nach: Die Atom-Gegner organisierten sich. Die Skepsis gegenüber der Technologie wuchs. Neue Kraftwerke konnte die Bewegung allerdings nicht verhindern: Das AKW Gösgen ging 1979 ans Netz, Leibstadt im Jahr 1984. 1990 allerdings beschloss das Schweizer Stimmvolk ein Moratorium: 10 Jahre lang durften keine neuen AKW geplant und gebaut werden.
Kein neues AKW mehr
Und tatsächlich gab es nach Kaiseraugst kein einziges neues, spruchreifes AKW-Projekt mehr. Das aber war wohl nicht das Verdienst der Proteste von 1975. Denn die Energieunternehmen planten sehr wohl Ersatzbauten für bestehende Reaktoren. Diese Pläne aber wurden nach dem Unglück von Fukushima durch die von der Politik beschlossene Energiewende begraben.