Etwa ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte am Kantonsspital Aarau (KSA) sind Deutsche. 60 Prozent haben einen Schweizer Pass. Die restlichen 10 Prozent stammen aus ganz verschiedenen Ländern. Der Anteil von Österreicherinnen und Österreichern steige momentan an, heisst es von der Pressestelle des KSA.
Der Anteil der Deutschen hingegen sinke. Die Arbeitsbedingungen für junge Ärztinnen in Deutschland hätten sich verbessert, hört man aus dem KSA. Deshalb sei die Schweiz weniger attraktiv geworden für sie. Und da in der Schweiz tendenziell zu wenig Ärzte ausgebildet werden, spüre man auch im KSA langsam einen Mangel an ärztlichem Personal.
Auf der Suche nach Nachwuchs
Eine Massnahme zur frühzeitigen Rekrutierung des medizinischen Nachwuchses ist die Summer School des KSA für junge Menschen im Medizinstudium. Während zweier Tage erfahren sie Wissenswertes um und über den Arztberuf. Der Schwerpunkt liegt auf Referaten zum Übergang vom Studium in den Beruf, von der Theorie in die Praxis.
«Wir sind das achtgrösste Spital der Schweiz mit einer grossen Bedeutung, vor allem auch für den Aargau», sagt Robert Rhiner, CEO des Kantonsspitals Aarau. «Es wäre daneben, wenn ich behaupten würde, dass wir mit der Summer School nicht auch auf uns aufmerksam machen wollen. Wir sind darauf angewiesen, junge Kolleginnen und Kollegen zu finden.»
Ich fand den Vortrag über neue Therapiemöglichkeiten in der Krebsbehandlung sehr spannend.
Die Summer School kommt bei den angehenden Ärztinnen und Ärzten gut an. Sie haben mometan Semesterferien und kommen freiwillig nach Aarau. Die ganze Deutschschweiz ist vertreten. «Man bekommt einen Einblick ins Spital. Und auch fachlich ist es interessant», sagt zum Beispiel Philipp Fuchs, der an der Uni Basel Medizin studiert.
Er hat noch vier Jahre vor sich. Für ihn ist aber schon ziemlich klar: Hausarzt, das will er nicht werden. «Ich habe vor, eine Spitalkarriere zu machen und nicht in einer Praxis tätig zu sein.»
Für Patrizia Kempte aus Möhlin, Medizinstudentin in Basel, ist der Beruf Hausärztin eine Option, dank der Summer School. «Bis jetzt habe ich es eher ausgeschlossen. Aber durch ein Referat hier überlege ich es mir noch einmal.»
Eindruck hat ihr der Vortrag gemacht von Marika König. Sie ist eine junge Ärztin, die nach Jobs in Spitälern den Schritt zur Hausärztin gemacht hat. Momentan arbeitet sie im Ärztezentrum Sins. Nächstes Jahr eröffnet sie aber zusammen mit drei anderen jungen Ärztinnen in Villmergen eine Gruppenpraxis.
Vorher habe ich es eher ausgeschlossen, aber vielleicht ist Hausärztin doch etwas für mich.
In Spitälern gebe es strenge Hierarchien, führte König aus. Die Ärzte blieben weitgehend unter sich. Persönliche Kontakte zu Patienten seien selten. Als Hausärztin habe sie einen ganz anderen Bezug zu den Menschen. Sie könne auch Disziplinen übergreifend arbeiten. «Die Menschen kommen mit jeglichen Problemen zum Hausarzt, seien es medizinische, private oder soziale Sachen. Das ist extrem spannend.»
Im Gegensatz zu früher hätten sich auch die Arbeitsbedingungen für Hausärzte stark verbessert. Als positive Veränderungen listete Marika König auf:
- Von der Einzelpraxis zur Gruppenpraxis. Dadurch besserer fachlicher Austausch.
- Geregelte Arbeitszeiten in Gruppenpraxen, auch Teilzeitarbeit möglich.
- Praktisch keine Notfalldienste mehr. Wenn Notfalldienst, dann nur alle paar Wochen für ein paar Stunden. Und nicht in der eigenen Praxis, sondern in einer Spital-Praxis.
- Unterstützung aus der Politik: Diese habe erkannt, wie wichtig Hausärzte seien.
- Viele Stellenangebote, Hausärzte seien sehr gesucht.
Das Kantonsspital Aarau ist das einzige Spital der Schweiz, das eine Summer School organisiert. Die Teilnahme ist gratis.