Sie sorgte international für Schlagzeilen: Die Geschichte rund um den deutschen Kunstsammler Cornelius Gurlitt. Nach dessen Tod im Jahr 2014 wurde bekannt, dass der Sammler mutmassliche Raubkunst aus der nationalsozialistischen Zeit besass. Noch laufen Untersuchungen, noch ist nichts bewiesen.
Doch die Vermutung liegt nahe: Vater Hildebrand Gurlitt hatte für die Nazis Bilder gestohlen - und diese dann vor den Nazis in Sicherheit bringen wollen, in seinem eigenen Keller. Darunter Meisterwerke von Picasso oder Chagall. Einer, der sich für Gurlitt wehrte und mutmasslich sogar für ihn gelogen hat, ist der Aargauer Künstler Karl Ballmer. Er fühlte sich seinem Freund Hildebrand Gurlitt zeitlebens verpflichtet.
Erfolge beim Hamburger Publikum
Weshalb das so war, erklärt sich an Ballmers Biografie. Diese beginnt vielversprechend. In den 20er-Jahren trifft der Aargauer Maler den Geschmack der deutschen Kunstszene. Seine Bilder zeigen Körper und Köpfe in zarten Farben, einfach und schlicht. Grosse, eckige Augen oder feine Schlitze schauen den Betrachter aus kürbisartigen, runden Gesichtern oder aus ganz schmalen Köpfen an.
Ein Formenarsenal, neu kombiniert. Die moderne Kunst trifft den Nerv des Publikums in der norddeutschen Hafenstadt, wie der Aargauer Kunsthaus-Kurator Thomas Schmutz gegenüber SRF erklärt: «Das ist ja etwas ganz massgebendes, wenn man von Kunst, Literatur oder Theater spricht: Dass auch neue Sachen kreativ erfunden werden.»
«Entartete Kunst» in den Augen der Nazis
Doch die Zeiten ändern sich, die Nazis kommen an die Macht. Die Kunst von Karl Ballmer wird als «entartet» diffamiert. Vielleicht spielt dabei auch eine Rolle, dass Ballmer mit einer Jüdin verheiratet ist. Ballmer erhält ein Berufsverbot.
Kurator Schmutz: «1938 war das der Hauptgrund dafür, dass er Hamburg Hals über Kopf verlassen musste. Er hatte lange die Hoffnung, dass es gut kommt, wenn er sich nur ruhig verhalte, zum Beispiel keine Ausstellungen mehr mache. Aber leider ging das nicht.»
Fluchthelfer und Freund: Die Beziehung zu Gurlitt
Ballmer flieht in die Schweiz. Und ist dabei auf die Unterstützung des Hamburger Freundes Hildebrand Gurlitt angewiesen. Er half wohl mit, dem Aargauer Künstler das Leben zu retten. Allerdings: Als Künstler verschwindet Ballmer nach seiner Flucht mehr oder weniger von der Bildfläche. Er gerät in Vergessenheit, kann nicht mehr an seine Erfolg in Deutschland anknüpfen.
Jetzt zeigt das Kunsthaus in Aarau die Werke von Karl Ballmer und erinnert damit an dessen Werk. Gleichzeitig erinnert das Kunsthaus aber auch daran, wie schwierig der Umgang mit dem Nationalsozialismus sein kann. Indem es Ballmer und seine Verbindung zum umstrittenen Kunstsammler Gurlitt ebenfalls thematisiert.