Dass sich einzelne Politiker an der wachsenden Fachhochschule Nordwestschweiz stören, das ist bekannt. Immer wieder gab es Kritik in den Parlamenten der vier Trägerkantone Aargau, Solothurn, Basel und Baselland. Doch nun zeigt sich auch die Solothurner Regierung erstaunlich kritisch. Sie antwortet auf einen Vorstoss der FDP – mit deutlichen Worten.
Die Fachhochschule als «Uni light»?
Man erachte die Fachhochschule als Ergänzung zu den Universitäten: Die «bildungssystematische Ausdifferenzierung» sei sinnvoll, so lange sich diese Schultypen in ihrer «unterschiedlichen Ausrichtung gegenseitig ergänzen». Deshalb beobachte man «mit Sorge», dass sich bei den Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen Tendenzen zeigen, «sich zunehmend an den Universitäten auszurichten».
Was deutet auf diese These hin? Es sind zwei Fakten, die FDP und Solothurner Regierung in ihrem Schreiben aufführen:
- Die Zahl der Masterstudiengänge hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Die FDP fordert deshalb eine Reduktion. Damit könne man Kosten einsparen. Man würde damit aber auch den Fokus wieder stärker auf den Praxisbezug legen bei Lehre und Forschung, so die Partei.
- Die Zahl der Dozent/innen mit Universitätsabschluss ist an den Fachhochschulen zu hoch, wie die Solothurner Regierung festhält. Etwa 60 Prozent hätten ihre Ausbildung an der Uni gemacht, nur ein Viertel der Dozierenden wurde selber an einer FH ausgebildet.
Der Solothurner Bildungsdirektor Remo Ankli (FDP) konkretisiert gegenüber Radio SRF seine Bedenken. «Wenn die Fachhochschule eine Universität light wird, dann macht sie sich eher überflüssig. Wir brauchen Fachhochschulen, die praxisbezogen arbeiten und nahe bei der Wirtschaft sind. Diese Stärke hat sie, und diese Stärke soll sie auch wahren.»
Wenn die Fachhochschule zu einer Uni light wird, dann macht sie sich überflüssig.
Allerdings: Die Zahl der Masterstudiengänge reduzieren, wie es die FDP verlangt, das ist für die Regierung nicht der richtige Weg. Man müsse angesichts des Fachkräftemangels auch schauen, welche Studiengänge vom Arbeitsmarkt gefragt würden, hält sie fest.
Kein direkter Einfluss auf das Ausbildungsangebot
Die Regierung will aber «genauer hinsehen». Konkret empfiehlt sie dem Parlament, die FDP-Motion erheblich zu erklären. Der Wortlaut des Auftrages wäre dann: «Der Regierungsrat wird beauftragt, bei den entsprechenden Gremien darauf hinzuwirken, das Angebot der Masterstudiengänge fachbereichsspezifisch kritisch zu überprüfen.»
Übersetzt: Die Regierung wird beim Fachhochschul-Rat vorstellig und erklärt, sie wolle eine kritische Überprüfung. Sie verlangt, dass man weiterhin praxisbezogen bleibt und keine «Uni light» wird. Was die FHNW daraus macht, ist allerdings ihr selber überlassen. Einen direkten Einfluss hat die Regierung nicht.
Fachhochschule will Unis ergänzen
Bei der Fachhochschule Nordwestschweiz reagiert man auf die Stellungnahme der Solothurner Regierung gelassen. Direktionspräsident Crispino Bergamaschi hat auf jeden Kritikpunkt der Regierung eine Entgegnung:
- Ist die FHNW zu nahe an den Unis? «Wir ergänzen die Universitäten. Natürlich, das muss man immer gut austarieren. Aber wir sind auf einem guten Weg.»
- Gibt es zu viele Master-Studiengänge? «Wir haben 10500 Studierende. 84 Prozent davon schliessen mit dem Bachelor ab und treten dann in die Arbeitswelt über. Dort werden sie gut aufgenommen. Aber es gibt Fachgebiete, z. B. Kunst, Lehrer, Psychologie, da brauchen Sie eine Master-Ausbildung.»
- Kommen zu viele Dozierende von den Unis? «Wir haben über 3500 Lehrbeauftragte, die direkt vom Arbeitsplatz kommen und bei uns unterrichten. Das ist ein direkter Praxisbezug. Daneben haben wir 440 Professorinnen und Professoren. Diese haben Uni-Abschlüsse. Aber die meisten haben langjährige Praxiserfahrung mit.»