Unfälle passieren jeden Tag, Menschen werden aus dem aktiven Leben gerissen und sind gezwungen, den Rest ihres Lebens im Rollstuhl zu verbringen. Im besseren Fall als Paraplegiker (Lähmung ab Brust abwärts, Arme können bewegt werden), im schlechteren Fall als Tetraplegiker (Lähmung ab Nacken abwärts, Arme sind auch gelähmt).
Viele dieser Unfälle sind den Medien keine Zeile wert. Anders der Fall Ronny Keller: Es geschah live, vor Publikum und vor laufenden Kameras. Am 5. März 2013 lief die 77. Minute (Verlängerung) des zweiten Play-off-Finals zwischen dem Eishockeyclub Olten (EHCO) und dem SC Langenthal. Oltens Verteidiger Ronny Keller eilt der Scheibe hinterher Richtung Bande.
Fataler Check
Langenthals Stefan Schnyder verfolgt ihn. Keller bremst, Schnyder checkt ihn von hinten, Keller stürzt und rutscht kopfvoran in die Bande. Der Aufprall ist so hart, dass Keller seither ab dem vierten Brustwirbel abwärts kein Gefühl mehr hat. Der 34-Jährige ist querschnittgelähmt.
Der Unfall ist in Olten sofort das Tagesgespräch. Eine Welle der Solidarität bewegt sich zu Ronny Keller, der zuerst auf der Intensivstation eines Spitals liegt und dann im Paraplegiker-Zentrum Nottwil behandelt wird. Die Play-off-Serie geht unterdessen weiter. Die Oltner Spieler nehmen keine Auszeit, Keller hätte das nicht gewollt, sagen sie.
Ronny Keller hat sich die Aufnahmen des Unfalls inzwischen angesehen. Aber er brauchte viel Zeit dazu. Am Anfang ertrug er die Bilder nicht. Und wenn er sie heute betrachtet, tauchen viele Fragen auf. «Warum ist es mir passiert? Warum musste die Scheibe gerade so liegen und nicht anders?»
Ronny Keller musste in Nottwil jede Bewegung neu lernen. Am Anfang konnte er sich nicht einmal selber waschen. Heute funktioniert das gut. «Aber», so Keller, «alles braucht viel mehr Zeit.»
Keller kann sich im Rollstuhl bewegen und er will wieder eine feste Stelle annehmen. Schon während seiner Zeit als Sportler arbeitete er im Sommer in einem Treuhandbüro. Diese Stelle steht ihm nach wie vor offen.
Für Eishockey interessiert sich Ronny Keller nach wie vor. «Dieser Sport war fast 30 Jahre lang Teil meines Lebens», sagt der Querschnittgelähmte. «Das fällt dann nicht einfach weg.» Härtere Regeln oder mehr Vorsichtsmassnahmen bei Spielen hält er nicht für nötig. Durch besseres Material werde das Spiel zwar schneller, aber dass das Spielfeld begrenzt ist, wisse jeder Spieler, betont Ronny Keller.