Beim Duschen am Morgen entdeckte Walter Küng eine Geschwulst. Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. «Wenn man so etwas hört, entschwindet einem der Boden unter den Füssen», erinnert sich Walter Küng.
Er ging aber weiter in die Proben zu «Melnitz», denn er war die treibende Kraft dahinter, dass dieses Stück überhaupt auf die Bühne kam. Küng spielte selber mit, hatte aber nicht die Regie. 9 Schauspieler verkörpern in diesem Stück gegen 30 Rollen, eine gewaltige Leistung.
«Melnitz» ist ein Roman von Charles Lewinsky. Es geht um die Geschichte einer jüdischen Familie aus dem Surbtal. Viele hielten den Roman für nicht bühnentauglich. Walter Küng wagte es trotzdem. «Mich fasziniert das Neben- und Miteinander verschiedener Kulturen».
Das Stück wurde gut aufgenommen, löste allerdings nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Etwas zu lang, etwas zu überladen, monierten Kritik und Publikum. Walter Küng kann diese Kritik akzeptieren und wirft ein: «Ich glaube sagen zu können, dass wir den Kern von Lewinskys Roman getroffen und richtig dargestellt haben.»
Sieg über den Krebs
«Melnitz» durchziehen und gleichzeitig gegen den Krebs kämpfen – Walter Küng hat eine schwere Zeit durchgemacht, eine, die ihn auch verändert hat. «Heute will ich mir mehr Zeit geben», überlegt er. «Vielleicht gibt es in einiger Zeit Projekte, die eine Folge der Krankheit sind.»
Ins nächste Jahr schaut der 61-Jährige mit gemischten Gefühlen. Walter Küng ist Mitglied im Aargauer Kuratorium. Er leitet die Fachgruppe Tanz und Theater. Und er weiss: Die Verteilkämpfe werden härter. Es geht um Geld. Der Kanton überprüft seine Leistungen und will der Kultur nicht mehr Geld geben. Und das schürt Ängste unter den Kulturschaffenden. Walter Küng: «Wir müssen eine neue Sprache finden, wie mir mit dem Geldgebern, Regierungsrat, Grosser Rat, kommunizieren. Und wenn wir Gelder anders verteilen, müssen wir uns fragen, was das für die bisherigen Begünstigten bedeutet.»