Der Gemeinderat von Neuenhof wollte den Steuerfuss von 98 auf 115 Prozent erhöhen. Nur so könne man die laufenden Ausgaben noch ganz knapp finanzieren, argumentierte Frau Gemeindeammann Susanne Schläpfer. Die Gemeindeversammlung folgte der Exekutive aber nicht.
Ein Rückweisungsantrag hat am Montagabend mit 106 zu 98 eine knappe Mehrheit gefunden. Der Gemeinderat muss jetzt neue Zahlen präsentieren. Spielraum hat er aber eigentlich nicht, er kann nur erneut einen Steuerfuss von 115 Prozent vorschlagen.
Ausgaben steigen massiv
Die Ausgaben laufen der Gemeinde Neuenhof nämlich davon. So steigen zum Beispiel die Sozialausgaben stark. Neuenhof (8300 Einwohner) hat mit 4.6 Prozent die höchste Sozialhilfequote aller Gemeinden im Aargau. Fast 5 von 100 Einwohnern erhalten finanzielle Hilfe von der Gemeinde.
Sparen ist laut Frau Gemeindeammann Susanne Schläpfer nicht möglich: «Die Zitrone ist ausgespresst. Man könnte in der Gemeindeverwaltung vielleicht noch weniger Papier brauchen. Oder wir leeren die Abfallkübel in der Gemeinde nur noch einmal pro Woche. Aber das sind absurde Dinge.»
Innerhalb von 60 Tagen muss in Neuenhof nun eine ausserordentliche Gemeindeversammlung stattfinden, an der der Gemeinderat ein neues Budget vorlegen muss.
Kanton: Neuenhof ist grosses Sorgenkind
Der Kanton schaut mit Sorgenfalten Richtung Neuenhof. Yvonne Reichlin, Leiterin der Gemeindeabteilung: «Neuenhof hat sein Eigenkapital praktisch aufgebraucht. Der Handlungsspielraum ist sehr begrenzt. Es zeichnet sich ab, dass der Kanton relativ rasch intervenieren müsste.»
Intervenieren kann der Kanton in zwei Fällen: Wenn eine Gemeinde ein Budget zwei mal hintereinander nicht annimmt, kann die Regierung einen Steuerfuss anordnen. Und das Gleiche kann sie tun, wenn eine Gemeinde zwar ein Budget annimmt, aber mit einem Steuerfuss, der mittelfristig zu Schulden führt.
Gescheiterte Fusion wirkt nach
Neuenhof ist seit langem in der Klemme. Ein guter Ausweg schien die Fusion mit Baden zu bieten. Neuenhof sagte im März 2010 zu dieser Fusion fast einstimmig Ja, Baden hingegen lehnte sie mit einem Zufallsmehr von 47 Stimmen ab. In der Folge musste sich der Gemeinderat auf den Alleingang einstellen.
Er entwickelte die Strategie «Vorwärts». Mit Investitionen in die Infrastruktur und einer drastischen Senkung des Steuerfusses von 115 auf 98 Prozent wollte man attraktiv werden für gute Steuerzahler. Im Dezember 2010 bestätigte die Neuenhofer Gemeindeversammlung diese riskante Strategie.
Doch bevor sie greifen konnte, realisierte der neue Gemeinderat, dass die Finanzen aus dem Ruder liefen. Deshalb schlug er der Gemeindeversammlung vor, den Steuerfuss auf das alte Niveau von 115 Prozent anzuheben. Auch diese Strategie ist nun gescheitert.
Neuenhof ist immer stärker im Würgegriff der Defizite. Es wird immer wahrscheinlicher, dass der Kanton intervenieren wird.