Das Wichtigste in Kürze:
- Es geht um einen Bericht über eine Patientin, die im Solothurner Bürgerspital nicht richtig behandelt worden sei.
- Der Tele-M1-Betrag bestand vor allem aus Interview mit der Patientin und ihrer Mutter.
- Gemäss Presserat ist «Tele M1 deren Darstellung umfassend und ohne weitere Überprüfung gefolgt.» Das sei unvorsichtig.
- Die Solothurner Spitäler AG hat sich beim Presserat beschwert. Dieser hiess die Beschwerde auf der ganzen Linie gut. «Angesichts der Schwere der Vorwürfe wäre eine Anhörung des Spitals zwingend gewesen», findet der Presserat.
In der Nachrichtensendung «Aktuell» vom 18. Januar 2015 hatte der Regionalsender Tele M1 (AZ Medien) über eine junge Frau berichtet, die mit Bauchschmerzen im Bürgerspital Solothurn angeblich nicht richtig behandelt worden sei .Noch während den Untersuchungen liess sie sich in ein Berner Spital verlegen, wo sie in der gleichen Nacht aufgrund eines akuten Darmverschlusses operiert wurde.
Der Titel des TV-Berichts lautete: «Wieder Ärztepfusch im Bürgerspital Solothurn?». Tele M1 erhob im TV-Beitrag den Vorwurf, dass die untersuchenden Ärzte in Solothurn den Gesundheitszustand der Patientin nicht ernst nahmen und sie daher hätte sterben können. Der Fernsehbeitrag bestand weitgehend aus Interviews mit der Patientin und ihrer Mutter.
Gemäss Presserat ist Tele M1 deren Darstellung umfassend und ohne weitere Überprüfung gefolgt. Die Solothurn Spitäler AG (soH), die dem Kanton Solothurn gehört, wehrte sich mit einer Beschwerde an den Presserat gegen den Beitrag.
«Eklatante Verletzung der Sorgfaltspflicht»
Der Presserat hiess die Beschwerde auf der ganzen Linie gut, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Entscheid hervorgeht. Tele M1 habe mit seiner Art der Berichterstattung eine «eklatante Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht« begangen.
Die Wahrheitssuche setze die Beachtung verfügbarer und zugänglicher Daten und deren Überprüfung voraus. Dem Spital sei ein ärztlicher Fehler mit möglicher Todesfolge vorgeworfen. Angesichts der Schwere der Vorwürfe sei eine Anhörung des Spitals zwingend gewesen.
Tele M1 habe im Beitrag den Eindruck erweckt, «die Verantwortlichen wollten keine Stellung nehmen und versteckten sich hinter dem Arztgeheimnis». Das Spital habe sich jedoch zum Zeitpunkt der Ausstrahlung gar nicht zum Fall äussern dürfen. Die Patientin hatte das Spital noch nicht von der Schweigepflicht entbunden.
Der Regionalsender hätte gemäss Presserat darauf hinweisen müssen, weshalb eine solche Stellungnahme im Beitrag fehle oder mit der Ausstrahlung des Beitrags zuwarten sollen.