Anfang Mai 2015 meldete sich die 56-jährige Beschuldigte per Telefon bei der Kantonspolizei Aargau. Im Aarauer Telli Einkaufszentrum habe sie eine Bombe deponiert. Die Polizei befand die Drohung für wenig glaubwürdig, weil die Frau einen verwirrten Eindruck gemacht habe, heisst es in der Anklageschrift des Bezirksgerichtes. Deswegen wurde auch keine Evakuierung angeordnet.
Einen Tag später, am Sonntagabend, versuchte die Frau es noch einmal. Dieses Mal meldete sie sich direkt bei der Coop-Filiale im Aarauer Bahnhof mit der Bombendrohung. Eine Angestellte nahm die Drohung ernst, informierte die Polizei, Laden und Teile des Bahnhofs wurden evakuiert. Eine echte Bombe war nie im Spiel.
Die Polizei kam der Frau schnell auf die Spur. Nach über drei Wochen in Untersuchungshaft trat die geständige Täterin den vorzeitigen Strafvollzug an. Seit einem knappen Jahr ist sie also in Haft.
Eine Zwangsstörung und eine Stress-Situation
Am Mittwoch stand die Frau nun vor Gericht. Mit ihren halblangen weissen Haaren und der festen Statur wirkte sie vor Gericht wenig bedrohlich, gar etwas unbeholfen. Auf die Frage der Gerichtspräsidentin, weshalb sie die Drohung ausgesprochen habe, ruderte sie etwas überfordert mit den Armen und sagte, sie wisse es doch auch nicht. Manchmal habe sie solche Zwänge, dagegen könne sie sich nicht wehren.
Tatsächlich steht in einem psychiatrischen Gutachten der Frau, sie habe ein mittelmässige Zwangsstörung, sie war deswegen schon mehrfach in Behandlung und nimmt auch Medikamente.
War sie denn in einer speziellen Stress-Situation wollte das Gericht wissen. Ja vielleicht schon, antwortete die Beschuldigte wieder stark gestikulierend, an diesem Sonntag – Muttertag – habe ihr Sohn angerufen und ihr gesagt, sie sei für ihn gestorben. Vielleicht habe sie deswegen die Kontrolle verloren, sie wisse es einfach nicht.
In U-Haft fast gestorben
Die Staatsanwaltschaft forderte eine unbedingte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten. Zusätzlich solle eine bedingte Strafe von 14 Monaten nun vollzogen werden – vor sechs Jahren hatte die Frau in Selbstmordabsicht ihre Wohnung angezündet.
Der amtliche Pflichtverteidiger forderte eine Strafe von acht Monaten und auf den Vollzug der Vorstrafe sei zu verzichten. Seine Mandantin sei krank und gehöre nicht in den Strafvollzug, sondern in eine Therapie. Im Gefängnis sei sie in der gleichen Abteilung wie Schwerkriminelle, das sei nicht im Sinne der Gesellschaft.
Besser sie kehre zurück in die betreute Wohngruppe, dort könne sie ihre Therapie machen, dort werde die Einnahme ihrer Medikamente kontrolliert und dort sei sie besser aufgehoben. So die Forderung des Verteidigers.
Ausserdem sei die Frau in der U-Haft beinahe gestorben, da ihr ein Rückenmedikament in viel zu hoher Dosierung verarbreicht wurde. Das müsse bei der Strafzumessung auch berücksichtigt werden. Die Frau wurde auf Drängen des Anwalts notfallmässig auf die Intensivstation im Aarauer Kantonsspital gebracht – mit Wasser in der Lunge. So konnte damals Schlimmeres verhindert werden.
Total 21 Monate Haft
Nach der Beratung kamen die fünf Richterinnen und Richter dees Bezirksgerichts Aarau zum Schluss, dass für die Drohung eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, also sogar unter dem Antrag der Verteidigung, angemessen sei.
Allerdings sei es unumgänglich die frühere, bedingte Strafe nun umzusetzen, führte die Gerichtspräsidentin aus. Deswegen seien nun auch diese 14 Monate wegen Brandstiftung zu vollziehen. Das Gericht ordnete zudem die Fortsetzung der ambulanten Therapie an.
Alles in allem wurde die Frau nun wegen dieser Bombendrohung also 21 Monaten verurteilt. Mit Anrechnung der bisherigen Haft könnte sie nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe dennoch schon bald wieder in ihre Wohngruppe zurückkehren.