Martin Gabl, Leiter der IV-Stelle des Kantons Solothurn, freut sich: Im Kanton Solothurn nimmt die Zahl der IV-Renten ab. Martin Gabl macht sich aber auch Sorgen. Bei den psychischen Problemen nehmen die Renten nämlich zu. Und schlimmer noch: Immer mehr Jugendliche sind arbeitsunfähig, weil sie psychische Probleme haben.
Und es sind beileibe nicht nur immer «gewöhnliche» Burnouts. Martin Gabl: «Gerade bei Jugendlichen sind da auch Diagnosen rund um Autismus dabei. Auch Persönlichkeitsstörungen spielen eine Rolle.»
Private Probleme am Arbeitsplatz
Was sind die Gründe? Ist die Arbeitswelt einfach zu fordernd, zu kalt, zu globalisiert? Zerbrechen die Menschen unter dem Druck am Arbeitsplatz? So einfach ist es nicht. Die Fachleute beobachten, dass viele Probleme im privaten Umfeld der Patienten entstehen. Am Arbeitsplatz machen sie sich dann aber zuerst bemerkbar, weil die Menschen ihre gewohnte Leistung nicht mehr erbringen können.
Psychische Probleme können das Resultat von Süchten, Ängsten oder familiären Problemen sein. Auch Verwerfungen in einer persönlichen Biografie durch Migration in ein anderes Land können die Ursachen sein.
Aber eine einfache Erklärung für die Zunahme psychischer Probleme haben die Fachleute nicht. Martin Gabl von der Solothurner IV-Stelle gibt zu: «Es ist wirklich ein Thema, das man kontrovers diskutieren kann. Ich habe keine abschliessende Antwort.»
Fachleute vernetzen sich
An den «Solothurn Talks» vom Donnerstag kann sich Martin Gabl mit anderen Fachleuten austauschen. Zum Beispiel mit der Nationalrätin und Gesundheitsexpertin Ruth Humbel oder mit dem Psychoanalytiker und Autor Peter Schneider. Die Veranstaltung im Konzertsaal hat die Überschrift «Moderne Arbeitswelt und psychische Gesundheit: Chancen und Herausforderungen am Arbeitsplatz.»
Martin Gabl wird die Anwesenden bei dieser Gelegenheit über ein neues Projekt seiner IV-Stelle informieren. Er will mehr tun, um psychische Probleme gar nicht entstehen zu lassen bzw. um sie möglichst früh zu erkennen – Stichwort Prävention. Dazu will er bei den Unternehmen ansetzen. Vorgesetzte sollen zum Beispiel so geschult werden, dass sie Anzeichen von psychischen Störungen bei ihren Untergebenen besser wahrnehmen können.
Aber warum bei den Unternehmen ansetzen, wenn die Probleme ja meist im privaten Bereich entstehen? «Man verbringt ja sehr viel Zeit am Arbeitsplatz. Und da ist der Arbeitgeber derjenige, der zuerst Signale empfängt», erklärt Martin Gabl. «Ein Unternehmen tut gut daran, ein vertrauensvolles Führungsklima zu schaffen, in dem man auch über persönliche Probleme sprechen kann. So hat der Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Problemfälle an die zuständigen Instanzen, z. B. die IV-Stelle, weiterzuvermitteln.»