«Rechtlich gibt es daran nichts zu rütteln», sagte Bartholdi am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Zusammen mit dem Gemeinderat habe sie deshalb entschieden, die bedingte Geldstrafe nicht anzufechten - auch wenn diese aus ihrer Sicht «zu hart» ausfalle.
Sie könne ihr Vorgehen nach wie vor mit ihrem Gewissen vereinbaren, sagte Bartholdi. Ein Rücktritt komme deshalb nicht in Frage. «Rechtlich trifft mich eine Schuld, moralisch jedoch nicht», sagte sie in Abwandlung eines Zitats der ehemaligen Bundesrätin Elisabeth Kopp.
«Kampf verloren, nicht den Krieg»
Gegen Steuersünder will Egerkingen trotz des Urteils weiter vorgehen - jedoch mit anderen, rechtlich unumstrittenen Mitteln wie administrativen Sanktionen. Derzeit überlege sich der Gemeinderat, wie diese ausgestaltet werden könnten. «Wir haben einen Kampf verloren, nicht den Krieg», sagte Bartholdi.
Die Gemeindepräsidentin war ebenso wie drei weitere Gemeinderatsmitglieder wegen Amtsgeheimnisverletzung zu bedingten Geldstrafen von 90 bis 150 Tagessätzen verurteilt worden. Für Bartholdi beträgt die bedingte Geldstrafe nach eigenen Angaben fast 30'000 Franken.
Kritik von Juristen, Lob vom Volk
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn war zum Schluss gekommen, dass die Bekanntgabe der Namen der sechs Steuerschuldner gegen deren Persönlichkeitsrechte sowie gegen Datenschutzbestimmungen verstösst, wie sie am Montag mitgeteilt hatte.
Für ihr Vorgehen hatte Bartholdi jedoch nicht nur Kritik geerntet - im Gegenteil: Es trug ihr unter anderem eine Nomination beim «SwissAward» ein. Und die Diskussion um Steuerpranger erreichte auch die Bundesebene. Der Solothurner CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt möchte den Bundesrat beauftragen, einen Bericht zur rechtlichen Situation bezüglich des Inkassos von Steuerschulden bei Gemeinden zu verfassen. Unter anderem möchte Müller wissen, welche Gesetzesanpassungen nötig wären, um Steuerpranger zu legalisieren.
Der Bundesrat beantragt den Räten jedoch, das Postulat abzulehnen. Die Einführung solcher Pranger sei mit der geltenden Rechtsordnung unvereinbar, schrieb er in seiner Antwort letzten August. Das Parlament hat den Vorstoss noch nicht behandelt.