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Visualisierung Brücke
Legende: Die Umweltverbände WWF und VCS finden, die Brücke der Umfahrung Mellingen passe nicht in die Uferlandschaft der Reuss. zvg

Aargau Solothurn Umfahrung Mellingen: Hickhack um neues Gutachten

WWF und VCS haben erreicht, dass die Eidgenössische Kommission für Natur- und Heimatschutz ein Gutachten erstellt zur umstrittenen Brücke über die Reuss. Verzögerungstaktik sei das, schimpfen Befürworter der Umfahrung. Man habe nicht sauber geplant, kontern die Verbände.

Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission muss ein Gutachten zur Umfahrung erstellen. Insbesondere muss sie ihre Meinung sagen zur Frage, ob die geplante Brücke über die Reuss die Natur verschandele. Das haben die Umweltverbände WWF und VCS in einer Einsprache verlangt. Und das Verwaltungsgericht hat nun entschieden, dass die Kommission tatsächlich beigezogen wird.

Im Mai 2011 hat das Aargauer Stimmvolk aber deutlich Ja gesagt zur Umfahrung. SVP-Grossrat Martin Keller goutiert die erneute Verzögerung nicht: «Ich bedaure, dass ein Volksentscheid sabotiert wird. Das ist einer Demokratie unwürdig.»

Mit seiner Kritik zielt Martin Keller unter anderem auf den VCS Aargau. Dessen Präsident, Jürg Caflisch, hat aber Gegenargumente: «Wir haben von Anfang an gesagt, dass es ein Gutachten braucht des Bundes. Aber dafür hatte man halt kein Gehör.»

Schlimme Situation in der Altstadt von Mellingen

In Mellingen kam die Kunde von der Zusatzrunde über die eidgenössische Kommission nicht gut an. Stadtammann Bruno Gretener: «Es ist enttäuschend, denn es bedeutet für uns wieder eine Verzögerung.» Dem Stadtrat sei zwar immer klar gewesen, dass der Weg bis zum Bau der Umfahrung schwierig sein werde. Die Bevölkerung von Mellingen sehe das aber anders. «Es versteht sich, dass die Leute verärgert sind. Es war immerhin ein klarer Volksentscheid.»

Der Volksentscheid war im Mai 2011 gefallen. Damals sagte das Stimmvolk deutlich Ja zu den 36 Millionen Franken für die Umfahrung. Mit diesem Geld soll die Altstadt vom Durchgangsverkehr befreit werden. Dort herrschen am Morgen und am Abend prekäre Zustände, wenn sich der Pendlerverkehr durch die enge Hauptgasse zwängt. Grosse Lastwagen müssen zirkeln, damit sie überhaupt unter dem Stadtturm durchkommen.

Altstadt von Mellingen
Legende: So leer ist es in der Altstadt von Mellingen selten. Das schlimmste Nadelöhr ist die enge Durchfahrt beim Stadtturm. Wikipedia

WWF und VCS haben Beschwerden gemacht gegen die Umfahrung, weil ihrer Ansicht nach die Brücke über die Reuss eine Naturlandschaft von nationaler Bedeutung zerstöre. Dass nun die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission ein Gutachten erstellen muss, freut Tonja Zürcher, Geschäftsführerin des WWF Aargau: «Es ist ein erster Schritt zum Erfolg. Es sagt inhaltlich noch nicht aus, wie das Gericht entscheiden wird. Aber es ist ein Schritt dazu, das Ganze richtig einzuschätzen.»

Im März 2013 hatte der Aargauer Regierungsrat Einsprachen gegen die Umfahrung abgewiesen. Gegen diesen Entscheid machten VCS und WWF Aargau Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht.

Baudepartement hält an Brücke fest

Matthias Adelsbach, stellvertretender Kantonsingenieur des Aargaus, hat keine Freude an der Zusatzrunde über die Kommission. Diese habe man schon einmal angehört bei der Planung des Projekts, moniert er. Ein ausführliches Gutachten sei damals nicht als nötig erachtet worden.

Ohne Brücke könne man die Umfahrung nicht bauen, das ist für Adelsbach völlig klar. Die Forderung der Verbände, die Strasse unterirdisch zu bauen, also ein Tunnel unter die Reuss zu legen, sei unrealistisch. Das sei viel zu teuer und technisch kaum machbar.

Und noch weniger hält Adelsbach vom Vorschlag der Umweltverbände, überhaupt keine neue Umfahrungsstrasse zu bauen, sondern den Verkehr auf dem bestehenden Netz um die Altstadt von Mellingen herumzuführen. «In dieser Beziehung haben wir eine ganz andere Auffassung als die beiden Verbände.»

Gutachten braucht Zeit

Mit dem Entscheid des Verwaltungsgerichts zu den Einsprachen bei der Umfahrung Mellingen rechnete man ursprünglich im Frühling 2014. Mit der Zusatzrunde über die eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission dauert es noch einmal länger, bis das Verfahren weitergeht.

Sollte der Entscheid des Verwaltungsgerichts nicht im Sinne von WWF und VCS Aargau ausfallen, hätten die Verbänden die Möglichkeit, das Urteil an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.

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