Das 2011 vom Aargauer Stimmvolk bewilligte Projekt Umfahrung Mellingen kommt nicht vorwärts. Nachdem das Aargauer Verwaltungsgericht schon den ersten Projektabschnitt zurückgewiesen hatte, schickt nun das Bundesgericht auch Abschnitt zwei an die Regierung zurück.
Falsche Aufteilung der Regierung
Beim Streit um die Umfahrung von Mellingen mit Kosten von rund 37 Millionen Franken geht es im Kern darum, ob das Kantonsparlament wegen des Verlusts von Kulturland den Richtplan anpassen muss. Die Aargauer Regierung hatte das Projekt in zwei Abschnitte aufgeteilt.
Das Bundesgericht kritisiert in seinem aktuellen Entscheid diese Aufteilung in zwei Abschnitte und kritisiert sowohl die Regierung als auch das Aargauer Verwaltungsgericht. Die Umfahrung Mellingen sei als Gesamtvorhaben zu betrachten, folglich müssten beiden Abschnitte überarbeitet werden, so wie dies WWF und VCS gefordert hatten.
Deutlicher Rüffel für Aargauer Verwaltungsgericht
Das Aargauer Verwaltungsgericht hatte die Beschwerde der beiden Organisationen zuvor nur teilweise gutgeheissen. Es wies nur den ersten Projektabschnitt an den Regierungsrat zurück, der bereits im Voraus den Plan etwas überarbeitete und neu auflegte. Den zweiten Abschnitt der Umfahrung hiess das Verwaltungsgericht jedoch gut.
Gemäss Bundesgericht hat das Verwaltungsgericht damit die Vorgaben des kantonalen Richtplans «in willkürlicher Weise missachtet». Es habe sich bei der Begründung in einen «unauflösbaren Widerspruch» gesetzt, kritisieren die Lausanner Richter in deutlichem Ton.
Neues Projekt gefordert
Das Projekt befinde sich mit dem Entscheid des Bundesgericht wieder auf Feld Eins, schreiben die beiden Organisationen in einer Stellungnahme. Der Kanton habe nun die Chance, «endlich ein rechtskonformes, umweltgerechtes Projekt auszuarbeiten».
Das bisherige Vorgehen des Kantons und des Baudirektors Stephan Attiger (FDP) liessen allerdings «Zweifel an der Lernfähigkeit» aufkommen.
Debatte im Grossen Rat oder nicht?
Für Tonja Zürcher, Geschäftsführerin des WWF Aargau, kann der Entscheid des Bundesgerichtes nur eines bedeuten: «Der Regierungsrat muss eine Vorlage ausarbeiten zuhanden des Grossen Rates und darin definieren, wie gross der Verlust von Kulturland ist. Und dann muss der Grosse Rat entscheiden, ob er das Projekt will oder nicht.»
Eine Debatte im Grossen Rat, eine Anpassung des Richtplans – das sind langwierige Prozesse. Sie würden den Bau der Umfahrung um Jahre verzögern. Rolf Meier, Aargauer Kantonsingenieur, glaubt nicht, dass es so weit kommt. Er liest den Entscheid des Bundesgericht anders als die Umweltverbände.
Er bedeute keineswegs, dass die Regierung nun den Richtplan anpassen müsse. Deshalb könne man auch noch nicht sagen, ob sich der Grosse Rat noch einmal mit dem Projekt beschäftigen werde. Rolf Meier: «Wir müssen das Projekt anpassen wegen der Fruchtfolgeflächen. Das kann eine Richtplananpassung sein. Wir können aber auch das Nettoprinzip anwenden.»
Nettoprinzip – das heisst für den Kanton, dass man das verlorene Ackerland kompensieren könnte mit anderem Land, mit Aufwertungen. Dann, so Rolf Meier, käme man wieder auf weniger als 3 Hektaren Kulturlandverlust. Die Regierung werde das Projekt nun überarbeiten und im Frühling 2017 über das weitere Vorgehen entscheiden.