Im Frühling 2016 sorgte der Talacherhof im aargauischen Lengnau für Schlagzeilen. Die Kühe waren unruhig, liessen sich kaum mehr melken. Der Bauer machte die Starkstromleitung über seinem Hof verantwortlich für das Problem. Die Leitung setze Metallteile im Stall unter Strom, vermutete er.
Der Talacherhof ist kein Einzelfall. Gemäss Thomas Jäggi vom Schweizer Bauernverband erhält der Verband immer wieder Telefonanrufe von Bauern, die über ähnliche Probleme klagen. Jäggi ist beim Verband zuständig für das Dossier «Kriechstrom und ähnliche Phänomene».
Wenn die Kuh nicht mehr säuft
Zu Kriechstrom oder Leckstrom kann es kommen, wenn eine Leitung nicht richtig isoliert ist und sich der Strom einen Weg über einen Pfad bahnt, der nicht zur Leitung von Strom vorgesehen ist.
Zum Problem werden Kriechströme im Stall, wenn eine Kuh zwei verschiedene unter Strom stehende Metallteile berührt, zum Beispiel wenn sie auf dem Boden steht und die Nase ins Tränkebecken hält. «Dann fliesst durch die Kuh Strom hindurch, und das tut ihr natürlich weh. Dann getraut sie sich zum Beispiel nicht mehr zu saufen, hat Durst und leidet», erklärt Thomas Jäggi.
Zusatzausbildung für Melkmaschinentechniker?
Auf Anregung des Aargauischen Bauernverbands befasst sich der Schweizer Verband nun intensiver mit dem Problem, bestätigt Jäggi eine Meldung der Bauernzeitung. Man stehe aber noch ganz am Anfang.
Zum einen soll ein Flugblatt entstehen. Es soll den Bauern unter anderem zeigen, was beim Bau von neuen Ställen zu beachten ist, damit Probleme mit Kriechstrom vermieden werden können.
Zum anderen prüft der Schweizer Bauernverband, ob Melkmaschinentechniker besser ausgebildet werden könnten. Milchbauern sind verpflichtet, einmal jährlich ihre Melkanlage von einem Techniker kontrollieren zu lassen. Diese seien deshalb prädestiniert dazu, Kriechstrom und ähnliche Phänomene in einem Stall auszumessen, findet Thomas Jäggi vom Verband.