Nach fast 20 Jahren als Aargauer Kantonstierärztin hat Erika Wunderlin am Mittwoch ihren letzten Arbeitstag. Die 60-jährige Fricktalerin lässt sich frühpensionieren. Während ihrer Tätigkeit als Kantonstierärztin hat sie Spannendes erlebt.
SRF News: Sie hatten in ihrer Zeit als Kantonstierärztin mit den grossen Tierseuchen BSE und der Vogelgrippe zu tun. Das waren sicher intensive Zeiten?
Erika Wunderlin: Das ist so. Die Vogelgrippe 2006/07 war sicher die intensivste Zeit. Da musste man rund um die Uhr auf Pikett sein. Es gab sehr viel Arbeit, auch für Notfallkonzepte.
Die Vogelgrippe war sicher die intensivste Zeit.
BSE hingegen kam eher schleichend über die Jahre hinweg. BSE war die Krankheit, bei der ich aber als Seuchenbekämpferin meine Verantwortung am besten gespürt habe. Die Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung, aber auch für die Gesundheit der Tiere.
Öffentlich in Erscheinung traten sie als Leiterin des Veterinärdienstes auch immer wieder bei Fällen von Tierquälerei. Haben solche Fälle in den vergangenen Jahren zugenommen?
Sie sind angestiegen. Früher hatte man vielleicht ein bis zwei solcher Fälle im Jahr. Heute sind es fünf bis zehn Fälle, wo man einschreiten und den Leuten die Tiere wegnehmen muss. Vielfach ist dies mit Menschen verbunden, die sich in einem sozialen Notstand befinden. Wir müssen heute auch mit Gemeinden und mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) zusammenarbeiten, damit man nachhaltige Lösungen für diese Menschen findet.
Tiere sind ein sehr emotionales Thema. Gab es in diesen fast 20 Jahren als Kantonstierärztin auch konkrete Drohungen gegen ihre Person?
Gott sei Dank nur wenige. Ich kann sie praktisch an einer Hand abzählen. Ich kann mich an einen Fall erinnern, da mussten wir jemandem den Hund wegnehmen und ein Hund ist vielfach heute ein Statussymbol.
Ein Hund ist vielfach heute ein Statussymbol.
Und wenn man jemandem ein Statussymbol wegnimmt, da kann es solche Reaktionen geben.
Dann braucht man als Kantonstierärztin ein dickes Fell?
Dünnhäutig dürfen sie nicht sein. Ein dickes Fell hingegen möchte ich nicht haben. Aber sie brauchen breite Schultern.
Wie hat sich ihr Job als Kantonstierärztin in diesen 20 Jahren verändert?
Zum einen ist der administrative Aufwand gewachsen durch die Digitalisierung und die Einführung von Datenbanken. Die Arbeit wurde aber auch temporeicher. Früher musste man in 20 Jahren ein bis zwei Tierseuchen bekämpfen. Heute sind es in 20 Jahren bis zu acht Tierseuchen. Es fehlt heute auch oft die Zeit, um sich selber bei einem Fall ein Bild vor Ort machen zu können.
Das Gespräch führte Christoph Wasser.