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Wahlen Stadt Zürich Zürich auf der Suche nach dem Miteinander

Die Zürcher Bevölkerung straft bei den Wahlen die Polparteien SP und SVP ab. Sie sehnt sich nach Vernunft, Ausgleich und Kompromiss.

Viel Aufregung und doch bleibt alles beim Alten – mindestens fast. Die SP holt mit ihrer Kandidatin Simone Brander den vierten Sitz zurück, den die Partei vor vier Jahren verloren hat. FDP-Stadtrat Michael Baumer schafft nach einer Zitterpartie seine Wiederwahl. Dies nach einem regelrechten Wahlkrimi, bei welchem AL-Kandidat Walter Angst dem Bisherigen zwischenzeitlich den Sitz wegzuschnappen drohte. Doch am Schluss hat die AL ihren Sitz verloren. Es bleibt nur der Gang zurück in die Opposition, wo es der Partei vielleicht gar wohler ist.

Grüne Kräfte im Parlament gestärkt

Insgesamt ist Zürich am heutigen Wahlsonntag erstens etwas grüner geworden. Die Grünen und die Grünliberalen gehen als Gewinner aus den Parlamentswahlen hervor. Auch nach zwei Jahren Corona-Pandemie steht das Thema Klima nun wieder an oberster Stelle.

Zweitens ist Zürich pragmatischer geworden: Im Stadtrat haben die bisherigen SP-Mitglieder und die Kandidatinnen und Kandidaten der Grünen sehr gute Resultate erzielt. Es handelt sich bei allen um typische Exekutiv-Vertreter, welche für Ausgleich einstehen und pragmatische Lösungen suchen. Mit den Grünliberalen und der Mitte haben im Parlament ebenfalls jene Kräfte gewonnen, die pragmatisch sind und zwischen den Polen stehen. SP, SVP und AL hingegen haben Sitze verloren.

Warnsignal für linke Parteien

Dass die SP im Parlament eine Wahlschlappe erlitten hat, dürfte für die Partei ein Denkzettel sein. Sie hat sechs Sitze verloren und stellt mit 37 Gemeinderätinnen so wenige Parlamentarier wie seit 100 Jahren nicht mehr. Die Politik der Stadtpartei hat zu diesem Ergebnis beigetragen. Die Stadtzürcher SP hat sich so verhalten, als wäre sie eine Oppositionspartei – und nicht so, als sei sie seit vielen Jahren verantwortlich für die städtische Politik.

SP, Grüne und AL haben ihre Mehrheit im Parlament haarscharf verteidigt. Aber dieses Ergebnis ist auch ein Warnsignal: Die Linke muss aufpassen! Die Wählerinnen und Wähler möchten kein Lager, welches einfach durchmarschiert.

Allianz der Vernunft soll gestärkt werden

Das Wahlresultat lässt sich als deutliche Aufforderung für ein Miteinander, eine Allianz der Vernunft hin zu mehr Ausgleich und Kompromiss deuten. In dieser Allianz will die Wählerschaft auch die FDP sehen, die im Gemeinderat einen Sitz dazugewinnen konnte. Dass die SVP drei Sitze im Parlament verliert, dürfte damit zusammenhängen, dass die Bevölkerung mit der Skepsis gegenüber den Corona-Massnahmen nicht viel anfangen konnte. Auch das Bevölkerungswachstum und der Erfolg der Stadt haben der SVP nicht in die Hände gespielt.

Die Stadt Zürich wird seit 32 Jahren links-grün regiert. In dieser Zeit hat sie sich verändert von einer Stadt mit vielen Arbeitslosen und Drogen zu einer boomenden Metropole, welche Einwohnerinnen und Einwohner anzieht und viel zu bieten hat.

Katrin Hug

Leiterin Regionaljournal Zürich Schaffhausen

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Katrin Hug ist ausgebildete Anglistin, Germanistin und Lehrerin. Seit 2001 arbeitet sie bei Radio SRF, zuerst als Inland- und Bundeshausredaktorin in Bern. Seit 2014 leitet sie das Regionaljournal Zürich Schaffhausen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 13.02.2022, 21 Uhr

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