«In dem Land, wo die Leute für ihr Streaming-Abo bezahlen, soll auch ein Teil dieses Geldes in die einheimischen Filme investiert werden», sagte Bundesrat Alain Berset in der «Arena» am Freitagabend. Der Kulturminister versprach mit dem neuen Filmgesetz ein faires System, bei dem Akteure im In- und Ausland gleichermassen in den Schweizer Film investieren müssten.
Auch KMU würden profitieren, sagte Andrea Gmür, Mitte-Ständerätin, in der Sendung. Wenn die Streaminganbieter in Schweizer Produktionen investierten und vor Ort drehten, unterstützten sie damit auch die lokale Gastronomie und Hotellerie.
Demgegenüber erwiderte Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, diese «Staatsbevormundung» sei so nicht hinzunehmen. Neben den Streamingdiensten würden auch die privaten Fernsehsender gezwungen, eine Abgabe zu leisten, wodurch ihnen ein Stellenabbau drohe.
Im Ausland wird das bereits so gehandhabt
Streamingdienste wie Netflix, Disney+ oder Amazon erzielen in der Schweiz pro Jahr über 300 Millionen Franken Umsatz. Dieses Geld fliesst grösstenteils ins Ausland ab. Bundesrat und Parlament verlangen, dass neu 4 Prozent des Umsatzes, den sie in der Schweiz erwirtschaften, dem Schweizer Film zugutekommen.
Das sei in vielen anderen europäischen Ländern längst gang und gäbe. «Mit vier Prozent sind wir im Vergleich zu Italien oder Frankreich noch sehr bescheiden», sagte Berset. In Europa würde die Schweiz damit zum «Spitzensteuerland», betonte hingegen Matthias Müller, Präsident des Referendumskomitees.
Der Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist nicht ganz einfach. Wie Recherchen der «Arena»-Redaktion zeigen, ist die Übersichtskarte im Abstimmungsbüchlein nicht korrekt . Befürworter wie Gegner des Filmgesetzes argumentieren unter anderem mit der Abgabe- und Investitionspflicht von Streamingdiensten in anderen europäischen Ländern.
Gegner befürchten höhere Abo-Kosten
«Völlig missraten» sei das neue Filmgesetz, sagte Müller und bemängelte, «der Konsument wird im Regen stehen gelassen». Müller sprach von einer Zwangsinvestition für die Streaminganbieter. Die Kosten, die für sie anfallen, würden auf die Konsumentinnen abgewälzt mit der Folge, dass die Abo-Kosten stiegen. Die Befürworterinnen der Vorlage weisen diese Befürchtung zurück.
Filmförderung funktioniert ohne Filmsteuer und Mindestquote.
Das neue Filmgesetz sieht unter anderem auch vor, dass Streamingdienste verpflichtet werden, 30 Prozent europäische Produktionen zu zeigen. Bundesrat Berset betonte die Vielfalt der Filme, die dadurch gewährleistet würde. Kontraproduktiv findet die Regelung hingegen Hans-Ulrich Bigler.
«Jede Quote ist letztlich eine Konsumentenbevormundung.» De facto werde dadurch vom Staat vorgegeben, was man schauen dürfe und was nicht. «Die Vielfalt regelt der Konsument letztlich selbst, wenn er ins Kino geht oder durch seine Abfrage auf den Streamingplattformen.»
Schadet Förderung dem Filmwettbewerb?
«Filmförderung funktioniert ohne Filmsteuer und Mindestquote», sagte Müller. Das zeige etwa die Schweizer Serie «Neumatt», die von Netflix gekauft wurde. Filmproduzent Michael Steiger, dessen Film «Wolkenbruch» auch auf Netflix gezeigt wird, widersprach ihm in diesem Punkt.
Wenn die vier Prozent Investitionspflicht nicht angenommen würden, verpasse die Schweiz den Anschluss an Europa. «Gerade weil dieses Gesetz aufs Tapet kommt, sind wir ins Spiel gekommen mit unseren Eigenproduktionen.» Durch die Annahme verspricht sich Steiger neue Projekte für Schweizer Filmproduzenten mit Streaminganbietern.
Über das neue Filmgesetz waren sich der Präsident der Jungfreisinnigen und der Filmemacher zwar uneinig. Auf die abschliessende Frage von Moderator Mario Grossniklaus, welchen Film die Gäste gerne drehen würden, wenn sie Filmproduzenten wären, antwortete Müller aber, «ich würde gerne einmal zusammen mit Michael Steiger ins Boot steigen».