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Ära nach Kartonfabrik Deisswil Investor Hans-Ueli Müller: «Ich hatte viele schlaflose Nächte»

Es ist genau 10 Jahre her, als die rund 250 Angestellten der Kartonfabrik Deisswil im Osten von Bern die Hiobsbotschaft erhalten haben: Von einem Tag auf den anderen hat die Firma geschlossen – seither wird in Deisswil kein Karton mehr produziert.

Auf dem Areal ist aber viel gegangen. Im sogenannten «Bernapark» haben sich verschiedene Firmen angesiedelt, bald sollen dort auch Leute wohnen. Hinter dem Projekt steht Hans-Ulrich Müller. Der Belper hat das Areal gekauft. Ein Gespräch über seine Vision eines Gewerbe- und Wohnareals in Stadtnähe.

Hans-Ulrich Müller

Besitzer Bernapark in Deisswil

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Der Unternehmer und Manager Hans-Ulrich Müller wuchs im Belpmoos auf, seine Familie führte das Restaurant auf dem Flugplatz. Müller absolvierte eine kaufmännische Lehre in der Versicherungsbranche, besuchte die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule und war danach lange Zeit als Banker tätig. Er war bei der Credit Suisse unter anderem Leiter der Region Mittelland und sass in der Geschäftsleitung.

Müller war Gründer und langjähriger Präsident des Swiss Venture Clubs, ein Verein zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz. Er vergibt den wichtigsten Unternehmerpreis der Schweiz.

Als die Kartonfabrik Deisswil 2010 die Türen schloss, kaufte Hans-Ueli Müller das Areal und eröffnete den Bernapark.

SRF News: Können Sie sich noch an den Moment erinnern, an dem Sie entschieden haben, die Kartonfabrik zu kaufen?

Hans-Ulrich Müller: Das ist ein Moment, den ich nie vergessen werde. Unglaublich, dass bereits zehn Jahre vergangen sind. Auslöser war eine Zugfahrt von Basel nach Bern, als Hans Hofmann mir gegenüber sass. Er war damals Mitinhaber von Karton Deisswil, bevor die Firma verkauft wurde. Wir haben entschieden, dass wir da gemeinsam etwas machen werden.

Es gab natürlich viele schlaflose Nächte, aber ich durfte viel lernen.

Bevor wir über diese Entwicklung sprechen – wie zufrieden sind Sie, wie sich der Bernapark bisher entwickelt hat?

Ich bin sehr zufrieden. Vieles ist anders geworden, als ich es wollte, aber ich bin glücklich, dass es so gekommen ist. Es gab natürlich viele schlaflose Nächte, aber ich durfte viel lernen, was mir auch viel Energie gegeben hat.

Ihre Vision damals: Im Bernapark sollen 5000 Leute arbeiten. Derzeit sind 150 Unternehmen eingemietet mit rund 300 Mitarbeitenden. War diese Vision damals zu gross, zu visionär?

Nein, diese Vision ist über zig Jahre gedacht. Nun sind wir in der ersten Phase, in der wir Mietverträge mit 150 Unternehmen haben. Diese haben teilweise bei uns Sachen eingelagert. Coca Cola zum Beispiel hat bei uns Räume gebraucht. Oder wir haben Start-ups eingemietet, die Blockchain-Technologien aufbauen oder intelligente Heizungen entwickeln, die nur dann heizen, wenn jemand den Raum braucht.

Die grösste Lehre in den letzten zehn Jahren war, sich nicht entmutigen zu lassen.

Es sind also sehr unterschiedliche Unternehmen eingemietet. Wie viele der ursprünglich 250 Mitarbeitenden der Kartonfabrik sind noch bei Ihnen tätig? Sie hatten Ihnen ja damals versprochen, sie weiterzubeschäftigen.

Das sind mittlerweile weniger als zehn Personen, die aus der Zeit der Kartonfabrik stammen. Bis vor Kurzem waren es noch ein paar Dutzend. Man muss aber wissen, dass das Durchschnittsalter der Mitarbeiter in der Kartonfabrik immer älter wurde, viele sind unterdessen pensioniert.

Im Bernapark soll nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt werden. Das war ein Anliegen der Gemeinde Stettlen, zu der Deisswil gehört. Die ersten Wohnungen sollen ab Oktober bereit sein. Was verändert sich dadurch auf diesem Areal, wo seit jeher nur gearbeitet wurde?

Ich freue mich sehr, dass die Leute dort einziehen und leben. Es wird auch keine ewige Baustelle geben, das neue Stadtquartier wird fertig sein.

Sie haben aber viele andere Projekte geplant, wie eine Kita, Restaurants, ein Fitnesszentrum. Bereits die Wohnungen haben jedoch einige Monate Verspätung, auch ein Brand auf dem Areal hat Ihnen zu schaffen gemacht. Ist es realistisch, dass diese Projekte bis in zwei Jahren stehen?

Ich bin überzeugt, dass sie fertig sein werden. Wir wissen aber nicht, wie lange beispielsweise die Coronapandemie noch dauert. Trotzdem darf man als Unternehmer das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Mit einem gewissen Mass an Zuversicht kann man Chancen entdecken und auch nutzen.

Die grösste Lehre in den letzten zehn Jahren war, sich nicht entmutigen lassen, man muss auch etwas ertragen können. Oft sind dort Chancen verborgen. Mit einem gewissen Mass an Zuversicht kann man diese entdecken und auch nutzen.

Das Gespräch führte Leonie Marti.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 12:03 Uhr/17:30 Uhr ; 

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