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Aids-Arzt Ruedi Lüthy «Manchmal drückte es mir fast das Herz ab»

Vor 15 Jahren gründete der Zürcher HIV-Spezialist Ruedi Lüthy in Simbabwe eine Klinik für die Behandlung von Aidspatienten.

2003 hatte man in der Schweiz die Krankheit Aids einigermassen im Griff. Ganz anders in Afrika. Noch immer leben zwei Drittel der HIV-Infizierten im südlichen Afrika – Tausende sterben an der Krankheit jährlich. Der Zürcher HIV-Forscher und Mitbegründer der Zürcher Lighthouses entschied sich darum in Simbabwe eine HIV-Klinik zu gründen und sein Wissen dort einzusetzen. Die Klinik wird von einheimischem Personal geführt. 6500 Patientinnen und Patienten werden in der Newlands-Klinik nun ambulant behandelt – lebenslang.

Ruedi Lüthy

Gründer HIV-Klinik in Simbabwe

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Ruedi Lüthy, 17. Februar 1941, studierte Medizin an der Universität Zürich. Er gründete die Abteilung Infektionskrankheiten am Universitätsspital Zürich, die er während mehr als 20 Jahren leitete. Er war Mitbegründer des Zürcher Hospiz «Lighthouse». Er erforschte den HI-Virus und Aids und präsidierte die Eidgenössische Kommission für Aidsfragen. Lüthy ist Honorarprofessor für Innere Medizin und Infektionskrankheiten der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich. 2003 gründete Lüthy in Simbabwe eine ambulante HIV-Klinik. Die «Newslands Clinic» ist seit 2004 in Betrieb. Sie wird vor allem aus Spendengeldern der Ruedi Lüthy Foundation finanziert.

SRF: Wie läuft eine solche Behandlung ab?

Ruedi Lüthy: Da der Andrang riesig wäre, haben wir uns auf bestimmte Patientinnen und Patienten beschränkt. Frauen, Kinder, Studenten, Lehrer, Krankenschwestern. Diese Menschen sind für die Gesellschaft extrem wichtig. Sie werden bei uns in der Klinik untersucht, nachher wird eine Therapie geplant.

Eine Therapie besteht aus Medikamenten. Die Menschen dort sind sich das wahrscheinlich nicht gewohnt, Medikamente zu nehmen. Was bedeutet das?

Wir müssen mit den Patientinnen und Patienten eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen, damit sie einsehen, warum sie die Medikamente nehmen müssen. Und zwar regelmässig. Denn eine Behandlung abzubrechen ist verheerend. Doch Krankheit wird in Simbabwe eigentlich immer noch mit Verwünschungen in Verbindung gebracht, nicht mit Medikamenten.

Also auch das soziale Umfeld der Patienten muss stimmen und sie müssen das kontrollieren?

Ja, das hatten wir nicht geplant. Viele Patientinnen und Patienten sind sehr mager, wenn sie mit der Therapie beginnen. Sie haben Hunger, wenn sie mit der Behandlung beginnen. Plötzlich bekommen sie Appetit, aber kein Geld fürs Essen. Deshalb müssen wir diesen Menschen auch Nahrungsmittel abgeben, damit sie die Medikamente weiternehmen. So wurde das Projekt immer grösser. Wir zahlen auch Schuldgelder. Oder wir zeigen ihnen, wie sie Gemüse anpflanzen können in einem Garten.

Gab es auch Zeiten, in denen sie dachten alles aufzugeben?

Ja, immer wieder. 2005 verordnete Simbabwes Präsident Robert Mugabe eine Aufräumaktion. Etwa 700'000 Menschen wurden obdachlos. Das drückte mir fast das Herz ab.

Das Interview führte Michael Ganz

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