Heute steuern, überwachen und regeln hunderte von Prozessoren zusammen mit Sensoren und Software sozusagen alles in den Wagen. Diese Entwicklung startete Ende der 1980er Jahre mit der Lokomotive der ersten S-Bahn-Generation in Zürich. Die «Re 450» war der erste Zug mit programmierbarer Elektronik für die Antriebs-Steuerung, die normalerweise noch über Relais geschah.
Vom technischen Niveau her war dieser Digitalisierungs-Schritt vergleichbar mit den ersten Mobiltelefonen jener Zeit: Modelle mit kiloschwerem Akku, riesigem Hörer und oft montiert in einem Auto-Kofferraum. Die ein paar Jahre später folgende «Lok 2000» und der erste Neigezug, der ICN, waren vergleichbar mit den ersten Handys, die in den Hosensack passten – wesentlich digitaler, aber noch weit entfernt vom Niveau der Züge neuster Generation.
Digitalisierung bis zur Toilette
Mit Software wird der Passagier heute bereits beim Einsteigen in den Zug konfrontiert: Türen müssen über einen Lichtvorhang erkennen können, wenn zum Beispiel eine Hundeleine eingeklemmt wird – und dann wieder öffnen. Die Analyse, ob es sich um eine Leine handelt, macht ein Rechner.
Zwei andere Beispiele: In jedem Abteil misst ein Sensor die Luft, gibt die Werte weiter und die Steuerung der Klimaanlage berechnet für jeden Bereich im Wagen die optimale Lüftung.
Sogar die chemischen Toiletten besitzen digitale Intelligenz. Sie merken, wann die Temperatur den Gefrierpunkt erreicht, entleeren dann automatisch ihr Rohrsystem, um Schäden vorzubeugen und halten Software-gesteuert die Bakterien in Schach, die sich um den Abbau unserer Ausscheidungen kümmern.
Beim Fahren laufen die Rechner heiss
Viel Rechenarbeit geschieht in modernen Zügen zwischen der Lok und den Händen des Lokführers. Wenn er Gas gibt, geschieht das in der Regel nicht mehr über einen Hebel, der direkt mit dem Motor verbunden ist; er gibt die maximale Geschwindigkeit ein – den Rest erledigt die digitale Steuerung. Auf Neubaustrecken weiss sie beispielsweise, welche Signale auf dem zu fahrenden Abschnitt gerade rot sind und beschleunigt den Zug abhängig davon. Diese adaptive Lenkung spart Strom, indem sie unnötige Bremsmanöver vermeidet und versucht gleichzeitig, beim Bremsen möglichst viel Energie zurückzugewinnen.
Apps statt Turmbau zu Babel
In Zukunft könnte ein Zug noch mehr zu einem «Smartphone auf Schienen» werden. Der Trend geht dahin, dass die Hersteller nicht mehr hunderte Rechner einbauen, von denen jeder eine spezifische Funktion übernimmt, sondern nur noch eine Handvoll sehr leistungsfähiger Zentralrechner. Einzelne Funktionen übernehmen dann Apps auf diesen Rechnern. Die Steuerung der Türen ist dann keine separate Hardware mehr, sondern eine App.
Der Vorteil: Ein Zugbauer muss nicht mehr hunderte von Rechnern miteinander vernetzen und zum Kommunizieren bringen, eine Aufgabe, die heute teilweise dem Turmbau zu Babel gleichkommt. Zudem wird die Wartung einfacher: Neue Funktionen können die Techniker dem Zug über eine App hinzufügen. Diese Flexibilität ist gerade bei Zügen wichtig, weil sie bis zu vierzig Jahre im Einsatz sein können. Muss während dieser Zeit nur Software angepasst werden, ist es einfacher, die Züge immer auf dem neusten Stand der Technik zu halten.