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Soziale Medien Linkedin: Trotz Tiefgang im Hoch

Linkedin ist das Urgestein der sozialen Netzwerke. 2002 gegründet, zwei Jahre vor Facebook. Heute boomt das Geschäft.

Erst einmal musste Microsoft viel Geld in die Hand nehmen, um Linkedin 2016 zu kaufen: Über 26 Milliarden Dollar. Jetzt scheint sich der Kauf immer mehr zu lohnen: Das soziale Netzwerk erhöhte den Umsatz gegenüber letztem Jahr um ein Viertel. Auch die Nutzerzahlen legen zu: In der Schweiz waren letztes Jahr 1,2 Millionen Menschen auf Linkedin unterwegs, weltweit sind es rund 630 Millionen.

Platzhirsch Facebook hingegen verliert an Attraktivität, die Nutzerzahlen stagnieren oder gehen zurück.

Die Gründe für die Attraktivität von Linkedin

Die Plattform hat sich in den letzten Jahren gewandelt von einem reinen Karriereportal hin zu einer Geschäftsplattform mit Blog-Charakter. Benutzer publizieren Texte, Artikel, deren Lektüre auch gerne mehr als zehn Sekunden Zeit in Anspruch nehmen darf. So setzt sich der Newsfeed aus langen, oft hochwertigen Textformaten mit Relevanz zusammen.

«Es ist vieles aus meinem eigenen Alltag, das mich einfach beschäftigt, wo ich das Gefühl habe, dass ich da Ideen habe oder helfen kann, andere Blickweisen einzunehmen», erklärt Ingrid Gerstbach. Die Unternehmensberaterin nutzt Linkedin intensiv, veröffentlicht regelmässig Artikel und wurde so zu einer « Top Voice ». Gemeint sind damit bei Linkedin «Influencer», die mit ihren Beiträgen und Kommentaren besonders aufgefallen sind. Auserkoren werden sie nicht von Algorithmen, sondern von einer Redaktion, die für den deutschsprachigen Raum momentan aus vier Personen besteht.

Kontaktaufnahme, ohne persönlich zu werden

Bei ihren Postings gehe es nicht darum, sich persönlich oder ihre Firma zu präsentieren, sondern ihre Gedanken zu fachlichen Problemen, um einen Austausch zu pflegen auf Augenhöhe.

«Man kann ganz schnell mit Menschen in ähnlichen Positionen sprechen ohne Distanz, aber auch ohne zu persönlich zu werden», sagt Ingrid Gerstbach.

Datenschutzprobleme

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Wie die meisten sozialen Netzwerke ist auch Linkedin ein Datensauger, der die angelegten Profile analysiert, um beispielsweise personalisierte Werbung zu schalten. In der Vergangenheit machte Linkedin Schlagzeilen wegen Sicherheitslecks. 2012 stahlen Hacker Passwörter und Email-Adressen von 117 Millionen Nutzern. Dieser Angriff wurde aber erst 2016 bekannt, als die gestohlenen Daten im Darknet für Bitcoins angeboten wurden.

Kritisiert wird Linkedin auch, weil es von den Email-Konten der Mitglieder «Einladungen» verschickt an Outlook-Kontakte. Die Zustimmung der Nutzer wird dabei gar nicht oder teils schwer nachvollziehbar eingeholt. Diese «Einladungen» erwecken den Eindruck, dass der Email-Inhaber selbst die Einladung verschickt hat.

Das sei der grosse Unterschied zu Facebook. Dort sei die Kontaktebene meist sehr schnell persönlich mit allen negativen Aspekten wie Anfeindungen, Pöbeleien und Beleidigungen. «Hate Speech» sei bei Linkedin ein viel kleineres Problem, auch wenn sie selber am Anfang von einigen Trollen und Hatern beleidigt wurde.

Engagement der Benutzer nimmt zu

Die Strategie, einen relevanten Newsfeed zur Verfügung zu stellen von Fachleuten, die sich auf beruflicher Ebene vernetzen, auf Nischenthemen statt Massentauglichkeit zu setzen, scheint aufzugehen.

«Wir sind stolz auf eine besonders aktive Community und sehen Jahr um Jahr eine Steigerung an Engagement im Newsfeed, geteilten Inhalten und versendeten direkten Mitteilungen», sagt Julia Christoph, Kommunikationsverantwortliche bei Linkedin.

Mehr Engagement bedeutet auch grössere Verweildauer – und das macht Linkedin attraktiver für Werbung. Was kann sich ein soziales Netzwerk mehr wünschen?

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