Was, wenn jemand an einer Straftat nicht aktiv beteiligt ist, aber nichts tut, um sie zu verhindern? Kann er dafür verurteilt werden? Diese Frage hatte heute das Basler Appellationsgericht zu beurteilen.
Es passierte im Sommer 2015: Ein heute 55-jähriger Mann wurde im Basler Schützenmatt-Park von mehreren Männern angepöbelt, bedroht und schliesslich zusammengeschlagen. Der Anwalt des Opfers sagte vor Gericht, sein Mandant leide noch heute unter Rückenschmerzen und habe psychische Probleme.
Täter wollten «Schwule klopfen»
Die Polizei verhaftete noch in der gleichen Nacht vier junge Männer. Aus dem Strafbefehl gegen die mutmasslichen Täter ging hervor, dass ihr Motiv Homophobie war. Die Männer hätten an jeden Abend beschlossen, im Schützenmattpark - Zitat - «Schwule zu klopfen». Der Schützenmattpark ist nachts als Homosexuellen-Treffpunkt bekannt.
Drei der vier jungen Männer akzeptierten ihre Strafbefehle wegen Körperverletzung und Beschimpfung, der vierte Mann ging in Berufung. Der heute 23-Jährige machte geltend, er sei bei der Tat nur dabei gewesen, hätte das Opfer aber weder beleidigt, noch geschlagen.
Ein Gericht dürfe Tat nicht moralisch bewerten
Der Mann bekam heute vor Appellationsgericht Recht. Richterin Eva Christ sprach von einer widerwärtigen Tat, von einem Verbrechen der übleren Sorte und ein Freispruch in diesem Zusammenhang sei ihr unangenehn. «Es ist aber wichtig, dass ein Gericht nicht moralisch urteilt, sondern sich an die rechtlichen Voraussetzungen hält - und aufgrund dieser Voraussetzungen konnten wir eine Gehilfenschaft heute nicht bejahen.
Der Opfer des Anwalts, Dominik Nellen, kritisiert den heutigen Freispruch. Der Mann hätte im Vorfeld gewusst, was passieren würde und stand während der Tat daneben - so hätte er seinen Kollegen quasi Rückendeckung gegeben. Auch Roman Heggli, Geschäftsleiter der Schwulen-Organisation «Pink Cross» sagt, der Freispruch sei ein schlechtes Signal: «Der Mann ist mitverantwortlich dafür, dass die Gruppe das Gefühl hatte, es sei in Ordnung, Schwule zu verprügeln.» Dieses Argument hätte das Gericht stärker gewichten müssen, so Heggli, gerade auch vor den Hintergrund, dass Gewalttaten gegen sexuelle Minderheiten in der Schweiz alltäglich seinen.
Der Anwalt des Opfers überlegt noch, den Fall an das Bundesgericht weiterzuziehen.