Vom «Aargauer Herrenapfel» über den «Geflammten Kardinal» bis zum «Zwetschgenapfel»: Allein bei den Äpfeln scheint die Liste verschiedenster Sorten, zusammengestellt von der Stiftung Pro Specie Rara, kein Ende zu nehmen. Einer der Mitbegründer der Stiftung ist der Tscheche Pavel Beco.
Zu seinem Hof, dem Albisbodenhof im kleinen Dorf Dicken im Toggenburg, führt ein steiler Kiesweg. Hier hat sich Beco eingerichtet. Auf 800 Metern Höhe züchtet er über 2000 verschiedene alte Obst- und Beerensorten.
Grösste Vielfalt alter Sorten Europas
Es ist der grösste Pflanzgarten dieser Art in Europa. Beco betont, die Vielfalt der Sorten sei entscheidend. So züchtet er beispielsweise von der Kornelkirsche 20 verschiedene Sorten. «Ich bin ein Vielfaltfanatiker. Je grösser die Vielfalt, desto besser. Es ist gleichzeitig eine Art Versicherung. Je grösser die Vielfalt an Eigenschaften in einer Population ist, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich veränderten Bedingungen anpassen kann.»
Ich bin ein Vielfaltfanatiker. Je grösser die Vielfalt, desto besser.
Er meint damit Veränderungen wie Klimawandel, Trockenheit oder Schädlinge. Alte Sorten seien oft weniger empfindlich als Hochleistungssorten. Pavel Beco, 68-jährig, gross gewachsen, graue, krause Haare, braune Augen, die Hände des zupackenden Bauern. Geboren ist er in Prag. 1968 flüchtete die Familie vor den einmarschierenden Truppen des Warschauer Paktes.
Bubentraum in Erfüllung gegangen
Eigentlich wollten die Becos nach Kanada. Der Zufall brachte sie nach St. Gallen. Das Biologiestudium an der ETH Zürich ist Beco zu theoretisch. Nach fünf Semestern bricht er ab und wird Lehrer. Doch der Kindheitstraum vom eigenen Bauernhof bleibt. «Ich habe mir eigentlich schon als Zehn- oder Zwölfjähriger vorgenommen: Wenn ich gross bin, bleibe ich auf dem Land. Als Bauer oder etwas in Richtung Natur. So konkret war es damals nicht.»
Mich hat es immer gereizt, wenn jemand gesagt hat: Das geht nicht.
Den Traum erfüllt sich Beco 1984. Er kauft den Albisbodenhof im Toggenburg und beginnt dort alte Obst- und Beerensorten anzubauen. Die Bauern aus der Region, spezialisiert auf Milchwirtschaft, raten ihm ab. Doch Beco bleibt bei seiner Idee. «Mich hat es immer gereizt, wenn jemand gesagt hat: Das geht nicht. Das ist zwar eine gute Idee, aber das lohnt sich nicht.»
Neues Projekt führt nach Slowenien
Reich wird Beco mit seinem Hof nicht, aber er findet für seinen biologischen Landwirtschaftsbetrieb Beachtung. Er wird Mitgründer von Pro Specie Rara, und sein Schauhof dient als Grundlage für die Entwicklung der sogenannten Arche-Bauernhöfe, die sich für den Erhalt der landwirtschaftlichen Artenvielfalt in Europa einsetzen. Nun zieht er weiter nach Slowenien, wo die Lebenskosten tiefer sind und er nochmals ein neues Projekt aufbauen kann.
«Da sind wir jetzt dran, ein grosses ökologisch-touristisch-soziales Projekt zu starten. Es ist ziemlich sicher das letzte Projekt meines Lebens. Aber sehr befriedigend.» Becos Mission bleibt der Schutz der Artenvielfalt und die Pflege alter Sorten. Das Toggenburg aber verliert seinen Vorzeigebetrieb.