Hoch über Chur, mit Blick auf die Altstadt, liegt das Gebäude des Vereins Überlebenshilfe Graubünden. Dort werden Menschen am Rande der Gesellschaft betreut, erhalten für wenig Geld eine Mahlzeit oder ein warmes Bett. Gemeinsam mit der kontrollierten Drogenabgabe ist es ein wichtiges Angebot für Süchtige.
«Was fehlt, ist ein Konsumationsraum, ein geschützter Ort, an dem Abhängige unter Beobachtung konsumieren können», sagt Sabine Mannhart, Betriebsleiterin der Notschlafstelle. Ein solches Fixerstübli hätte diverse Vorteile: «Abhängige bekommen dort saubere Spritzen, wir können sie ganzheitlicher betreuen und sie müssten im Winter nicht in der Kälte ausharren.»
Heute wird vor allem im Churer Stadtpark konsumiert. Keine gute Lösung, findet Raulo Pedrussio, einer der Betreuer in der Notschlafstelle. «Häufig kosumieren die Süchtigen am Boden oder auf Bänken. Die Hygiene ist mangelhaft.»
Gegen Mittag füllt sich die Gassenküche im Untergeschoss des Gebäudes. Für fünf Franken erhalten die Menschen hier eine warme Mahlzeit. Rund 20 Personen besuchen die Küche an diesem Tag. Alle sind sich einig, ein Fixerstübli braucht es unbedingt.
Ein Besucher, der lieber anonym bleiben möchte, sagt: «Im Winter ist es kalt, im Fixerstübli wären die Bedingungen hygienischer. Ich wäre nicht der einzige, der das begrüssen würde. Viele wären froh um ein solches Angebot.»
Ähnlich sieht das Daniele - seinen Nachnamen will er nicht verraten. Daniele kennt den Stadtpark gut, räumt diesen im Auftrag der Stadt auch auf. «Wenn sich jemand eine Überdosis spritzt, kann nicht sofort eingegriffen werden. Das wäre in einem Konsumationsraum anders.»
Breit abgestützter Vorstoss
Im Juni wird der Grosse Rat über eine neue Anlaufstelle mit Konsumationsraum debattieren. Einen solchen hat der SP-Grossrat Tobias Rettich im Dezember mit einem Vorstoss gefordert. Dieser wurde von über 80 Parlamentariern unterschrieben.
Mitte der 90er-Jahre wurde in Chur schon einmal über ein Fixerstübli diskutiert. Dies wurde damals abgelehnt. Damals hiess es, man wolle Süchtige nicht in ihrer Sucht unterstützen, sondern sie zum Ausstieg motivieren.
Auf dieses Argument angesprochen sagt Tobias Rettich, der kontrollierte Konsum verhindere grösseren Schaden, zum Beispiel Infektionen: «Er ist für jene Menschen gedacht, die vergeblich Entzüge durchgemacht haben oder noch nicht dafür bereit sind.»